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Literatur.
§ 719. Nach dem römischen Recht dagegen ist dieser sein freies Eigenthum, das er frei ver-
äußern, verpfänden kann. Das Gesellschaftsvermögen ist kein Miteigenthum römischer Art.
Römisch ist Miteigenthum als Alleineigenthum des Antheils, deutsch ist Eigenthum mit ge-
bundenen Händen.
v. Der einzelne Antheil des Gesammthänders ist kein fester Antheil, sondern ein be-
weglicher — etwas, das es im römischen Rechte gar nicht giebt, B.G.B. $ 738. * Es besteht
also ein Anwachsungsrecht beim Ausscheiden eines Gesellschafters, aber auch ein Abwachsungs-
recht beim Eintritt eines neuen Gesellschafters. — Bei der Begründung eines gemeinschaft-
lichen Vermögens müssen die Erwerbsformen des gemeinsamen Eigenthums beobachtet wer-
den: es genügt also unter Umständen ein formloser Vertrag. Schwierigkeit entsteht beim
Erwerb unbeweglicher Sachen. § 48 des Entwurfs einer neuen Grundbuchordnung kennt
zwei verschiedene Formen der Eiiltragung eines gemeinsamen Eigenthums: entweder werden
die Antheile der Berechtigten in Bruchtheilen angegeben, oder es wird das für die Gemein-
schaft maßgebende Verhältniß bezeichnet. Diese Angabe ist nicht die der Bruchtheile, sondern
die der Maßgabe der Rechtssätze über die Gesellschaft, und diese Art der Eintragung ist bei
Eigenthumserwerb durch eine Gesellschaft anzuwenden. Dann bedarf es aber auch keiner
Eintragung im Grundbuch, wenn ein Gesellschafter ausscheidet. Er verliert schon mit dem
bloßen Austritt aus der Gesellschaft sein Eigenthum am gemeinschaftlichen Grundstück. Und
ebenso gewinnt ein neuer Gesellschafter auch ohne Eintragung ins Grundbuch das gemein-
schaftliche Eigenthum am Grundstücke allein mit dem Eintritt in die Gesellschaft auf Grund
der vorhandenen Eintragung.
Hieraus ergiebt sich, daß die Antheile des Gesellschafters nicht rein vermögensrecht-
licher Natur sind. Sie sind keine Eigentumsrechte, sondern Mitgliedsrechte, personenrecht-
licher Natur. Diese Personenrechte sind aber gemeinschaftlich eng verbunden. Römischrechtlich
haben sie nichts miteinander zu thun, sind ganz selbständig, deutsch stehen sie in einem gemein-
samen persönlichen Verhältniß. Es ist kein individualistisches, sondern ein socialistisches
Eigenthum, das Verhältniß ist dem öffentlichen Recht verwandt, die Gemeinnützigkeit
wiegt vor.
Was von den Antheilsrechten gilt, gilt von allen Gesellschaftsrechten, auch von den
Gesellschaftspflichten. Die sämmtlichen Forderungsrechte aus dem Gesellschaftsvertrage sind
keine reinen Vermögensrechte, keine reinen Forderungsrechte, sondern eben Mitgliedsrechte,
B.G.B. Z 7l7, 8 725 Abs. 2. An Stelle des Privatrechts tritt das Socialrecht. Auch wenn
die Gesellschaft aufgelöst ist, bleibt es beim Gesammteigenthum und es wird dieses auch dann
noch nicht freies Eigenthum, B G.B. 8 730 Abs. 2, also genau wie bei der Handelsgesellschaft.
Das Gesellschafisvermögen ist aber kein Sondervermögen, wie bei der offenen Handels-
gesellschaft, es stellt keine innere Einheit dem Werthe nach dar. Während das Handelsgesetz-
buch Gesellschaftsschulden kennt, Schulden der Gesellschaft, kennt das B.G.B. nur Schulden
der Gesellschafter, B.G.B. 8 733. Hierunter fallen also auch die Schulden, die mit der
Gesellschaft selbst und ihren Zwecken gar nichts zu thun haben. Die Gesellschaft des bürger-
lichen Rechts kann daher anders als die Handelsgesellschaft auch keinen Konkurs machen. Die
Gesellschaft als solche hat keine Schulden. Der Ausdruck „Gesellschaftsvermögen" bedeutet
nicht eine selbständige innere Einheit, sondern nur ein Sondergut für die Verwaltung.
2. Gesammthandsverwaltung, nicht Einhandsverwaltung, B.G^B. §8 709, 714.
a. Die Gesellschaft ist beschlußfähig, B.G.B. 8 709.. Anders als im römischen Recht
ist also eine Ueberstimmung möglich. Dort ist die Zustimmung nur obligatorisch, nicht orga-
nisatorisch wirksam. Hier, bei der deutschen Gesellschaft, ist'der Einzelne an seine Zustim-
mung fest gebunden, und zwar nicht nur obligatorisch, sondern er kann überhaupt nicht mehr
zurück. Die römische Gesellschaft ist also anarchisch, es gilt die Freiheit des Individuums,