622
Noienscheiben, Nachdruck.
deutschen Deputirten zum Entwürfe des Bundesrathes aufgestellten 14 Fragen,
welche mit als Grundlage für die Berathung benutzt wurden, die mechanischen
Musikwerke überhaupt nicht erwähnt waren. Hierzu kommt, daß die Vertrag-
schließenden sicherlich bei der Frage, inwieweit mechanischen Musikinstrumenten ein
Schutz zuzubilligen sei, nicht nur das Interesse der Fabrikanten, sondern auch das-
jenige der Autoren im Auge behalten haben werden. Dann aber führte sic eine
billige und sachgemäße Abwägung der beiderseitigen Interessen ganz von selbst da-
zu, zwar den damals allgemein bekannten Spieluhren, Leierkasten und ähnlichen
Musikinstrumenten mit beschränkter Mclodicnzahl eine Ausnahmestellung
einzuräumen, nicht aber auch den mit auswechselbaren Noienscheiben ausgestatteten
Instrumenten, die vermöge der vielseitigen Verwendbarkeit und Aufnahmefähigkeit
der Scheiben den Autor in der Verwerthung seines Geistesproduktes weit mehr
beeinträchtigen, als jene Schweizer Fabrikate. Nach alledem beruht es durchaus
uicht, wie die vorige Instanz meint, aus einer dem Wortlaute und der Entstehung
des Artikels fremden Auslegung, wenn man annimmt, daß Ziffer 3 des Schluß-
protokoües, trotz der allgemein gehaltenen Fassung, auf Spieldosen, Spieluhren
und Leierkasten sich beschränken wollte; und nicht zum Wenigsten rechtfertigt es die
Erwägung, daß Musikwerke mit auswechselbaren Notenblätteru Instrumente von
ganz anderer wirthschaftlicher Bedeutung sind, als die Schweizer Fabri-
kate, den Artikel mit dem Reichsgerichte
vergl. dessen Entscheidungen Bd. 27 S. 68
in dem bezeichnten engeren Sinne zu verstehen. Die abweichende Beurtheilung,
welche nach den von der Beklagten beigebrachten Entscheidungen das Tribunal
Civil de la Seine und la Cour d’Appel de Paris den cartons perfores des
„Pianista“ genannten Musikinstrumentes haben zutheil werden lassen, beruht nicht
auf einer von der vorstehenden Auslegung abweichenden Interpretation der Berner
Konvention, sondern auf den Bestimmungen des Französischen Landesgesetzes vom
16. Mai 1866. Mag nun auch der Wortlaut dieses Gesetzes mit Art. 3 des
Schlußprotokolles der Berner Konvention übereinstimmen, so ist doch nicht darge-
than, daß den Französischen Gesetzgeber dieselben Motive geleitet haben, auf
denen nach dem oben Ausgeführten die Abmachungen der Berner Konferenz be-
ruhe». Schon deshalb ist man behindert, jenen Entscheidungen der Französischen
Gerichte bei der hier fraglichen Auslegung des Art. 3 entscheidendes Gewicht bei-
zulcgen. Ebensowenig könnte, nach Lage der Sache, darauf etwas ankommen, ob
eine neuerdings abgehaltene Konferenz des internationalen Verbandes zum Schutze
der Werke der Literatur und Kunst Gelegenheit genommen hat, über die Recht-
sprechung der Französischen Gerichte sich zu äußern, zumal der Wortlaut der Ent-
scheidungen, welche der Konferenz hierbei vorgeschwebt haben, von der Beklagten
nicht beigebracht ist.
Hat sich also die Beklagte dadurch, daß sie ohne Erlaubniß der Klägerin
den Walzer „Lustige Brüder" auf die Notenscheiben zu ihrem Symphonion über-