Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 7 (1897))

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Schanze, Die Patentertheilung.

Bei den letzteren ist eben die menschliche Thätigkeit nicht durch den Weg, sondern
durch das Ziel gekennzeichnet.
Weiter: Die Entdeckung kann etwas Individuelles oder etwas Generelles
zum Gegenstände haben. Amerika 'ist entdeckt worden, aber auch allgemeine Natur-
gesetze werden entdeckt. Die Erfindung dagegen hat immer generellen Inhalt, sie
verlangt eine Maßnahme, deren beliebige Wiederholung möglich ist, sie enthält
eine Regel des menschlichen Handelns. Die Erfindung als solche muß streng
unterschieden werden von den konkreten Erzeugnissen, von den konkreten Verfahren,
die sich bei der Ausführung der Erfindung ergeben.
Durch ihren abstracte» Charakter unterscheidet sich die Erfindung auch von
den Gegenständen des literarischen und künstlerischen Urheberrechts^ Letztere sind
durch die Form individualisirt. Schriftwerke, Kunstwerke und Erfindungen sind
Geistesgebilde, aber nur die beiden crsteren sind, wie ihr Name besagt, Werke.
Eine Erfindung wird schwerlich Jemand als Geistes werk bezeichnen, denn die
Erfindung ist eine Idee und das Werk verlangt eine concrete Gestalt.
Selbstverständlich muß der Inhalt der Erfindung realifirbar, das Mittel muß
geeignet sein, den Erfolg herbcizuführeu; die Ausführbarkeit gehört zum Wesen
der Erfindung. .
Ich gehe weiter. Damit eine Erfindung vorliege, muß das Ergebniß des
menschlichen Handelns irgend ein menschliches Bedürfniß befriedigen, die Erfindung
ist eine Regel des zweckmäßigen Handelns, das Erfindungsergebniß muß
Brauchbarkeit aufweisen.
Die Entdeckung „erlöst von intellectueller Unbehaglichkeit", „sie liegt in der
Sphäre des reinen, vom Dienste des Willens befreiten JntellectS", sie beseitigt „die
Unruhe des Warumfragens"; die Entdeckung ist Selbstzweck, sie hat Eigenwerth.
Anders -bei der Erfindung. Sie ist Mittel zu einem außer ihr liegenden Zweck,
sie besitzt Wirkungswerth, sie will ein anderes Bedürfniß befriedigen als die Er-
kenntniß ihrer selbst. Die Erfindung gehört der Praxis, die Entdeckung der
Theorie an; jene dient der Absicht, diese der Einsicht.
„Wissenschaftliche Lehr- oder Grundsätze als solche" sind niemals Erfin-
dungen; es hätte einer diesbezüglichen Erklärung in § 2 Ziffer 2 des österreichischen
Gesetzes nicht bedurft.
Aber irgend welche Brauchbarkeit genügt. In welcher Richtung das
Bedürfniß liegt, mit welcher Intensität es auftritt, ob seine Befriedigung erlaubt
ist — auf alles dies kommt es für den Erfindungsbegriff nicht an. Es giebt
insbesondere auch „gesetzwidrige, unsittliche oder gesundheitsschädliche" Erfindungen.
Die Gesetzwidrigkeit, die Unsittlichkeit ist kein Hinderniß des Erfindungscharakters,
sondern der Patentfähigkeit.
Soviel über die Brauchbarkeit.
Ein anderes Erforderniß der Erfindung ist die Eigenartigkeit. Die Er-
findung muß wie die Entdeckung den bereits bekannten Dingen gegenüber etwas

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