Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 7 (1897))

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Literatur.

Liegt eine solche Zusage vor, so bezeichnet man das Benutzungsrecht des Gegen-
kontrahenten als ausschließliches, anderenfalls als einfaches.
Ein weiterer Unterschied endlich: Dem Gegenkontrahenten kann entweder nur das
Recht zur Benutzung der Erfindung zustehen, oder überdies auch das Recht, Unbefugten die
Benutzung im Prozeßwege zu verbieten.
Alle diese Gestaltungen sind möglich.
Der Streit, welche von ihnen Licenz zu nennen sei, ist ein aussichtsloser Wort-
streit. Denn der Terminus Licenz ist weder gesetzlich, noch herkömmlich so festgelegt, daß
er nur in einem bestimmten Sinne gebraucht werden dürfte. Die Interessenten sprechen in
dem einen, wie in dem anderen Falle von Licenz. Das Wort bietet keinerlei sachliche Di-
rektive, es bedarf immer der Prüfung, was in concreto vereinbart worden ist.
Die bisher herrschende Meinung (Reichsoberhandelsgericht, Reichsgericht, Klostermann,
Robolski, Kloeppel) nimmt an, daß unter Licenz keiner der oben gedachten Fälle zu ver-
stehen sei: Licenzertheilung sei nicht Uebertragung der Rutzungsbefugniß, sondern Verzicht auf
das Untersagungsrecht. Damit sei ausgeschlossen, daß dem Licenznehmer ein Recht auf Ver-
bot und Verfolgung von Patentverletzungen, oder ein Recht auf Weiterübertragung zustehe.
Köhler, Gierke, Seligsohn, Bolze, nunmehr auch Munk bestreiten die Zulässigkeit dieser
Konstruktion. Wie dem auch sein mag, sicher irrt die herrschende Meinung in der Annahme,
daß jedes im Verkehrsleben als Licenz bezeichnete Verhältniß in die von ihr für allein
richtig gehaltene Schablone passen müsse.
Die Schwierigkeit, festzustellen, welches Rechtsverhaltniß im Einzelfalle Platz greift,
ist recht groß. Denn das Patentgesetz wie das bürgerliche Recht entbehren ergänzender Be-
stimmungen, welche die Lücken der Parteivereinbarung ausfüllen könnten. Man verweist zur
Aushülfe wohl aus die Analogie der Dienstbarkeit, der Miethe, des Aufführungs- und des
Verlagsrechtes. Allein auch diese Analogien vermögen nicht alle Zweifel zu beseitigen.
Munk theilt die herrschende Ansicht, daß die patentrechtliche Licenz ein bestimmtes
Rechtsverhältniß sei, und charakterisirt dasselbe dahin: Der Lieenzberechtigte hat das Recht,
die Erfindung in seinen Betrieben nach allen oder nach einzelnen Richtungen hin (S. 116 flg.)
zu benutzen und die Befugniß, dieses Recht mit dem Betriebe zu veräußern (S. 16 flg.,
S. 96 flg.). Gleichgültig ist für das Wesen der Licenz, ob sie eine ausschließliche odereine
einfache ist, gleichgültig auch, ob dem Licenzträger die Klage gegen den Verletzer zusteht
oder nicht (S. 16). Im Zweifel ist aber der Licenzträger zur Klage befugt (S. 165 flg.).
Und im Zweifel ist die Licenz gegen jeden Rechtsnachfolger des Licenzertheilers wirksam
(S. 112).
Der Verfasser kennt neben den ausdrücklich und stillschweigend durch Vertrag einge-
räumten Licenzen noch gesetzliche Licenzen, Zwangslicenzen und Enteignungslicenzen. Daß
die stillschweigende Licenz dem Bedürfnisse nicht genügt, hat Köhler dem Verfasser gegenüber
im Juristischen Literaturblatte Nr. 86 (1896 Bd. IX Nr. 6) S. 130 zutreffend betont; „es
kann nur durch den patentrechtlichen Satz geholfen werden, daß der gutgläubige Erwerb
einer Sache, deren naturgemäße Anwendung einen Eingriff in ein Patentrecht enthält, mit
dem Eigenthum zugleich dieses Eingriffsrecht gewährt". Und Benies hat in der österreichischen
Zeitschrift für gewerblichen Rechtsschutz Bd. HI S. 94 flg. dargethan, daß die von Munk ge-
troffene Unterscheidung zwischen gesetzlicher Licenz und Zwangslicenz unhaltbar ist.
Mit besonderer Ausführlichkeit wird die Gewährleistungspflicht des Licenzertheilers
behandelt.
Niemand, der aus praktischem oder theoretischem Jntereffe sich mit der patentrechtlichen
Licenz beschäftigt, darf die vorliegende Abhandlung unbeachtet- lassen. Sie ist als eine
wesentliche Bereicherung der spärlichen Patentrechts-Literatur mit lebhaftem Dank zu begrüßen.
Dt. Schanze in Dresden.

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