Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 7 (1897))

Handelsgesellschaft, Liquidator.

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ein Vertrag zu .Stande, inhalts dessen die Firma H. & Co. in Liquidation trat
und die Liquidation durch den Beklagten geführt werden sollte. Derselbe ver-
pflichtete sich, Schuldverbindlichkeiten unter 600 Jl aus eigenen Mitteln zu be-
zahlen. Dagegen gewährten die Gläubiger, deren Forderungen sich auf mehr als
600 Ji beliefen, Gestundung. Ihre Ansprüche sollten in vier Vierteljahrsraten
im Laufe des Jahres 1887 voll getilgt werden. Dafür leistete der Beklagte den
Gläubigern unter der Voraussetzung ihres Beitritts zu der Gestundung als Selbst-
° schuldner Bürgschaft, verzichtete auch bis zu ihrer vollständigen Befriedigung auf
Rückzahlung seiner Einlage. Der Rechtsanwalt vr. R. sollte dem Liquidator
gegenüber dieselben Funktionen ausüben, wie im Konkurse der Gläubigerausschuß.
Die Klägerin, welche einräumt, von diesen Abmachungen erst später von
dritter Seite her Kenntniß erhalten zu haben, sieht gleichwohl jene Bürgschafts-
und Rücktrittserklärung als an sie mit gerichtet an und will dieselbe durch
stillschweigende Gcstundungsertheilung und durch ihr sonstiges Verhalten thatfäch-
lich angenommen haben. Sie leitet aber eine persönliche Haftpflicht des Beklagten
ihr gegenüber auch daraus her, daß nach ihrer Auffassung die Liquidation als
eine auch in ihrem Interesse erfolgte Geschäftsführung, und zwar im Verhält-
nisse zu ihr als eine solche ohne Auftrag, zu gelten habe. Endlich nimmt sie
darauf Bezug, daß sowohl durch den Beklagten und die anderen Gesellschafter
mündlich, als auch durch jenes Rundschreiben das Vorhandensein der stillen Ge-
sellschaft kundgethan worden sei.
Der Beklagte bestritt die Existenz einer Forderung der Klägerin an die
Handelsgesellschaft „H. & Co." und seine eigene Haftpflicht. '
Die in erster Instanz ausgesprochene Klagabweisung wurde bestätigt. Aus
den Gründen:
1., Die nach einer Reihe verschiedener Gesichtspunkte zu prüfende Frage,
ob sich eine persönliche Haftpflicht des Beklagten gegenüber der Klägerin begründen
lasse, wäre zu verneinen, wenn der Beklagte nur in seiner Eigenschaft als
Liquidator der offenen Handelsgesellschaft „H. & Co." im gesetzlichen
Sinne in Betracht käme. -
Der Liquidator einer solchen Gesellschaft steht zu deren Gläubigern
nicht in einem derartigen unmittelbaren Rechtsverhältnisse, vermöge dessen er ihnen
ans eigenen Mitteln dafür aufzukommen hätte, daß sie aus dem Ertrage der
Liquidation befriedigt werden. .
Bei einer Aktiengesellschaft nimmt der Liquidator eine andere Stellung ein.
Zufolge der dieser Gesellschaftsform eigenthümlichen strengen Verantwortung
der Vertretungsorgane, sowie mit Rücksicht aus die zwingende Natur des Liquidations-
verfahrens, vergl. Art. 243 flg., 202 des Handelsgesetzbuchs in der Fassung des
Gesetzes vom 18. Juli 1884, wird sich eine unmittelbare Häftling des Liquidators
gegenüber einem bei der Liquidation unbefriedigt gebliebenen Gläubiger denken
lassen, vergl. die schon vor jenem Gesetze ergangenen Entscheidungen des

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