Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 7 (1897))

Reichsstempelgesetz, Aktie».

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Die Inhaber der Stammprioritäts-Aktien Lit. A und B sollten unter
der Bedingung, daß ihnen die nachher zu erwähnenden Bezugsrechte eingeräumt
würden, vom 1. Oktober 1895 auf die ihnen zustehenden Vorzugsrechte ver-
zichten.
Den Stammprioritäts-Aktien Bit. A und B solle unter der Bedingung,
daß sie in den noch abzuhaltenden Sondervcrsammlungen die eben erwähnten
Verzichte aussprächen, ein Bezugsrecht auf die neu ausgegebenen Aktien einge-
räumt werden.
Die für die Stammprioritäts-Aktien Bit. B im Statut vorgesehene
Tilgung durch Verlosung solle unter der Bedingung, daß sie den gedachten Ver-
zicht aussprächen, in Zukunft wegfallen.
Diese Verzichte wurden in Sonderversammlungen der Inhaber der Stamm-
prioritäts-Aktien Bitz A und B noch am 21. Dezember 1895 einstimmig beschlossen
und sämmtliche Beschlüsse in das Handelsregister eingetragen. Insoweit die
Aktionäre von ihrem Rechte auf Bezug der neuen Aktien Gebrauch machten, er-
hielten ihre Stammprioritäts-Aktien einen Stempelaufdruck mit dem Wortlaut:
„Auf Vorzugsrechte verzichtet". Da die Steuerbehörde annahm, die hierunter
befindlichen B-Aktien seien dadurch zu neuen Aktien umgeschaffen worden und daher
nach § 1 Verb, mit Tarif-Pos. la des Reichsstempelgesetzes vom 27. April 1894
der Stempelsteuer unterworfen, so wurden 1837 Stück solcher Aktien (1520 Stück
zu je 300 und 317 Stück zu je 150^) in der Zeit vom 26. März bis 4. April
1896 bei dem Königl. Hauptsteueramt zu Dresden zur Versteuerung angemeldct
und dafür an Abgaben 5194 Jl erhoben, welche die Klägerin mit Vorbehalt als
Sicherstellung hinterlegt hatte. Die Klägerin fordert diese 5194 J( vom Säch-
sischen Staatsfiscus zurück.
Für die Annahme des Beklagten, wonach die mit Stempelvermerk versehenen
B-Aktien als neu ausgegebene Stücke anzusehen sein sollen, läßt sich nicht geltend
machen, daß mit dem Stempelaufdruck der Verzicht auf die Vorzugsrechte
beurkundet worden sei. Eine Aktie, welche einen urkundlichen Zusatz erhält, ist als
neue Aktie im Sinne des Reichssteinpelgesetzes nicht mit der ersten Instanz ohne
weiteres dann zu behandeln, wenn der Vermerk irgend eine Veränderung des
in der Aktie verbrieften Rechtsverhältnisses betrifft; vielmehr ist hierzu erforderlich,
daß durch die beurkundete Veränderung wesentlich neue Antheilsrcchte geschaffen
worden sind. Diese Auffassung stimmt mit den in gegenwärtiger Sache ergangenen
Entscheidungen der höheren Landes-Finanzbehörden, sowie den Urtheilen des Reichs-
gerichts vom 11. Oktober 1886, 11. April 1888 und 7. Juni 1895 überein;
man vergl.
Entsch. des Reichsgerichts, Bd. 18 S. 51 flg., Bd. 21 S. 25 flg.,
Jur. Wochenschrift 1895 S. 389 Nr. 34.
Daß eine Aktienürkunde durch jede auf ihr zum Ausdruck gebrachte Aenderung
des ursprünglichen Rechtsverhältnisses in ein neues Stück verwandelt werde, folgert

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