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Reportgeschäft, Differenzgeschäft.
remittirt habe, ist ohne Belang. Denn der Beklagte hat nicht behauptet, daß er
die Zusendung dieses Guthabens vom Kläger verlangt habe nnd dieser durfte da-
her mit Recht davon ausgehen, daß der Beklagte — wie dies nach den früheren
vom Beklagten selbst beigebrachten Abrechnungen der Fall gewesen war — dieses
Guthaben bei ihm stehen lassen wolle. Ueberdies war das Guthaben so gering-
fügig, daß damit das Risico, welches der Kläger bei einem etwaigen Fallen des
Kurses der Aktien lief, wie der Erfolg gezeigt hat, keineswegs gedeckt wurde und
daß es daher nicht auffällig gewesen wäre, wenn dieser schon damals eine höhere
Deckung gefordert hätte. In jedem Falle würde daraus, daß der Beklagte dem
Kläger früher einmal einen Credit gewährt hat, nicht folgen, der Kläger sei ver-
pflichtet gewesen, ihm später ebenfalls einen Credit — und noch dazu einen solchen,
von viel höherem Betrage — einzuräumen.
Da somit der Klaganspruch begründet ist, so erübrigt es nur noch, die Ein-
rede des Beklagten zu erörtern, daß die der Klage zu Grunde liegenden Geschäfte
blose rechtlich ungiltige Spielgeschäfte seien.
Aus der Art und Weise, wie der Beklagte diese Einrede zu begründen ver-
sucht, geht hervor, daß er den Begriff der Zeitgeschäfte vollständig verkennt und
jedes zu Speculationszwecken abgeschlossene Spielgeschäft über Effecten für ein Spiel-
geschäft hält. Aus dem Umstande allein aber, daß die börsenmäßigen Zeitgeschäfte
in Effekten vielfach — oder auch meistentheils — durcb Zahlung der am Stich-
tage sich hcrausstellenden Differenzen abgewickelt werden, läßt sich deren Charakter
als bloser Spielgeschäste keineswegs folgern. Dies gilt insbesondere auch von Re-
portgeschäften.
zu vergl. Entscheidungen des Reichsgerichts in Civilsachen Bd. 28 S.
25 flg.
Ebensowenig wird ein Speculationsgeschäft dadurch zu einem ungilligen Spielge-
schäfte, daß es sich dabei um Effekten handelt, welche — wie der Beklagte von
den Hudsonbay-Aktien behauptet, der Kläger aber bestreitet — wegen ihrer häu-
figen Kursschwankungen sich vorzugsweise zu Speculationszwecken eignen und daß
der Kaufpreis nach dem Kurse vereinbart wird, der am künftigen Fälligkeitstage
sich Herausstellen werde. Der Speculationskauf mag seiner wirthschaftlichen Be-
deutung nach oft dem blasen Differenzspiele gleichwerthig sein, in rechtlicher Be-
ziehung unterscheidet er sich von einem solchen deutlich dadurch, daß er den Con-
trahenten das Recht giebt, effektive Lieferung bezw. Abnahme der Waare und Be-
zahlung des vollen vereinbarten Kaufpreises — nicht einer blosen Differenz — zu
fordern.
Die für die Einrede des Spielgeschäfts allein erhebliche Behauptung des
Beklagten, daß er mit B., dem Kommis des Klägers, im März 1893 bei Er-
theilung des erstmaligen Auftrages zum Ankäufe der 100 Hudsonbay-Aktien, von
denen die jetzt in Frage stehenden Aktien einen Theil bilden, vereinbart habe, die
effektive Lieferung und Abnahme der Aktien soll ausgeschlossen sein und nur die