Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 7 (1897))

Schanze, Die Patentertheilung. 8
Klarstellung der bcgriffsconstituirenden Elemente, sodann die Zusammenfassung
derselben in einen geschlossenen Satz. Zunächst muß sachliche Einigung über die
Merkmale des Erfindungsbegriffes nnd ihr Verhältniß zu einander erzielt sein,
erst dann läßt sich über den besten sprachlichen Ausdruck des gefundenen Ergeb-
nisses disputiren. Dies ist nicht genügend beherzigt worden. Man hat, ohne
näher auf fremde Gedanken einzugehen, in allzurascher Ueberzengung von der Un-
anfechtbarkeit der eigenen Meinung flugs eine neue Definition aufgestellt, deren
knappe Fassung für Andere terminologische Schwierigkeiten bot und schon deshalb
zu sachlichem Mißverständnisse und zur Ablehnung führte.
Ich will versuchen, diesen Fehler zu vermeiden. Ich beabsichtige nicht, zu
jenen 13 Definitionen eine 14. hinzuznfügen. Ich will mich vielmehr aus-
schließlich mit der sachlichen Frage beschäftigen: welche Merkmale, welche Denkele-
mente pflegt man in der Vorstellung zusammenzufassen, wenn man von Erfindung
spricht?
Es handelt sich darum, aus der Menge der individuellen Fälle den ab-
strakten Typus zu gewinnen. Von dem, was das vielgestaltige Leben, die un-
mittelbare Anschauung des Einzclfalles darbietet, dürfen nur gewisse Merkmale
als wesentlich ins Auge gefaßt, die übrigen müssen als zufällig, als unerheblich
hinweggedacht werden. Nur so kann aus der Fülle der Einzelerscheinungen der
Gattungsbegriff klar und deutlich hervortreten. Zur Lösung dieser Aufgabe hat
natürlich vor Allem die Praxis das Material zu bieten.
Mur Erfindungen werden patentirt, nicht Entdeckungen. Wie unterscheiden
sich beide? Zwei Meinungen stehen sich gegenüber. Die Einen sagen: Erfindung
und Entdeckung sind ganz verschiedene Dinge; nach der Ansicht Anderer stellt sich
dagegen die Erfindung lediglich als eine Unterart der Entdeckung dar. Wer hat
Recht? Beide! Es kommt ganz darauf an, ob man Erfindung und Entdeckung
auf ihren Inhalt, oder auf ihren Ursprung hin ins Auge faßt. Inhaltlich
ist die Erfindung der Entdeckung untergeordnet; was indeß die Art und Weise
der Entstehung anlangt, so sind Erfindung und Entdeckung nebengeordnete Dinge.
Betrachten wir zunächst den Inhalt.
Die Entdeckung umfaßt daß ganze Gebiet des Wahrnehmbaren und Erkenn-
baren. Die Erfindung hat dagegen ein viel beschränkteres Gebiet. Damit eine
Erfindung vorliege, muß es sich um Auffindung einer Causalbeziehung han-
deln. Jede Erfindung zeigt ein Mittel und einen durch dieses Mittel erreichbaren
Erfolg. Aber nicht jede Causalbeziehung ist geeignet zum Inhalte einer Erfindung.
Es ist erforderlich, daß die Causalverknüpfung durch menschliche Thätig-
keit, durch menschliche Arbeit herbeigeführt wird; Vorgänge, die auf dem freien
Walten der Kräfte der äußeren Natur beruhen, werden entdeckt, nicht erfunden.
Die Erfindung ist eine Anweisung zum menschlichen Handeln. Dies gilt nicht
blos von den Verfahrenserfindungen, sondern auch von den Erzeugnißerfindungem
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