Full text: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 11 (1847))

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Wilda:

bei den Katholiken ist ja die Benediction, ohne nothwendiges Erfor-
derm'ß zu sein, allgemein üblich, und noch bis auf diesen Tag wur-
zelt, wie Richter bemerkt, dieUeberzeugung, daß sie es sei, welche
das Sacrament zur Ehe zur Existenz bringe, so tief im Bewußt-
sein des Volks, daß allein hieraus der unüberwindliche Widerwille
gegen die, in der letzten Zeit für die gemischten Ehen angeordnete
passive Assistenz, d. h. gegen die gemeinrechtliche Form der Schlie-
ßung der Ehe, erklärt werden kann. Es ergibt dieses aber, oder
bestätigt vielmehr den, für unfern Gegenstand wichtigen und fast
entscheidenden Satz, daß das religiöse Bedürfniß und Bewußtsein
die einzig wahre Grundlage alles Glaubens überhaupt, so wie auch
der besondern Gestaltung desselben ist, welche sich unabhängig von
den Vorschriften des Staates, ja selbst gegen dieselbe bildet.
8. li.
Wir haben die Nichtentziehung der bürgerlichen und politischen
Rechte, und die Freiheit der Religionsübung als die wesentlichen
Stücke der Gewissens- und Religionsfreiheit betrachtet. Indem wir
nun sehen wollen, in welchem Maße und in welcher Weise diese
bis jetzt in unseren deutschen Staaten Eingang gefunden, und was die
wichtigsten neuern Gesetze darüber bestimmt haben, können wir an
den so eben besonders behandelten Gegenstand anknüpfen. Es war
davon die Rede, daß man bei dem Mangel gesetzlicher Bestim-
mungen, die verschiedenen Grade des Gottesdienstes, namentlich
den Privatgottesdienst, oftmals auf das geringste Maß, was sich
darunter verstehen ließ, zurückzubringen gesucht hat.
Neuere Gesetze haben indeß die Unterscheidungsmerkmale des
Privatgottesdienstes genauer sestzustellen gesucht. Es sind dieses
das Preußische Landrecht Th. II. T. 11. Absch. 1., und das Edict
über die äußern Rechtsverhältnisse des Königreichs Baiern in Be-
ziehung auf Religion und kirchliche Gesellschaften vom 26. Mai
1618. Beide Gesetze, welche in einzelnen Bestimmungen oft
wörtlich mit einander Übereinkommen, während sie oftmals in we-
sentlichen Punkten von einander abweichen, sind für den ganzen
hier behandelten Gegenstand von so größerer Bedeutung, als es
in den übrigen Bundesstaaten fast ganz an ähnlichen Gesetzen
fehlt v2). Wir können aus ihnen ersehen, wie die Ansichten über
92) Beachtenswert ist indeß insbesondere noch das Großh. Baden'sche

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