Full text: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 11 (1847))

Wilda:

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würden unter solchen Verhältnissen die Gebete emporsteigen, der
Segen ercheilt und empfangen werden? Und wie dann, wenn die
Erwartung den Verfasser trügen würde, wenn dennoch „der gläu-
bige evangelische Pfarrer einen Anstoß für sein Gewissen finden"
sollte, eine solche Handlung zu vollziehen? Auffallender als diese
Inkonsequenz scheint uns aber noch die Art ihrer Rechtfertigung:
Wäre — sagt der Verfasser^) — die Einsegnung nur ein kirchli-
cher Act, ohne den die Ehe bürgerlich zu Recht bestünde, so
würde der Staat hier völlig gleichgiltig Zusehen können. So lauge
sie aber eine unendliche Mannigfaltigkeit tief in das öffentliche Le-
ben eingreifender Rechte bedingt, versteht es sich von selbst, daß sie
von dem Staate ohne Gefahr nicht einem garantielosen, im recht-
lichen Sinne für ihn nicht vorhandenen Predigtamte überlassenwer-
den darf. So, setzt er hinzu, werden, wir denn von selbst auf das,
schon setzt in einzelnen Ländern ergriffene Auskunftsmittel hingeführt,
sowohl die vorbereitenden Handlungen der Untersuchung der Zuläs-
sigkeit der Ehe und das Aufgebot, so wie die Einsegnung (sie!)
den evangelischen Pfarrern zu überlassen u. s. w. Also die bür-
gerliche Wirkung, welche der Staat an die kirchliche Handlung
knüpft, soll denselben berechtigen, eine Anordnung zu treffen, welche
sich vom kirchlichen Standpunkt nicht rechtfertigen lassen würde?
Wir dächten, daß sich doch wohl ein anderes Auskunftsmittel würde
auffinden lassen, und der Verfasser selbst ist ihm schon sehr nahe
gekommen, indem er die vorbereitenden Handlungen u. s. w. und
die Einsegnung von einander getrennt hat. Könnte nicht die Leztere
dem Geistlichen überlassen bleiben, und die bürgerliche Wirkung der
Ehe von der Anzeige der Eheleute bei der Behörde, welcher die
vorbereitenden Handlungen überlassen sind, — die aber allerdings
kein Geistlicher einer andern Confession sein müßte und dürfte —
abhängig gemacht werden? Man wird hierauf vielleicht erwiedern,
daß der Staat, als christlicher, es nicht zugeben könne, daß die Ehe
ihres religiösen Charakters entkleidet, zu einem bloßen Civilact
herabgesetzt werde, und um so weniger die Hand dazu bieten dürfe; daß
er vielmehr daraufhalten müsse, daß sie eine kirchliche Weihe empfange,
und dadurch nun auch als vollzogen, als rechte Ehe gelte. Auch
wir wünschen es nicht, daß die Ehe, zumal bei uns, als ein bloßes

89) Richter a. a. O. S. 40.

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