Full text: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 11 (1847))

M2

Wilda:

Sehr treffend hat Richter^) den Werth und die Bedeutung
einer bloßen (einfachen) Hausandacht gewürdigt, indem er bemerkt,
„daß eine Religion, die in dieser Weise beschränkt ist, in Wahrheit
als eine verbotene betrachtet werden muß, weil ihren Bekenncrn
gerade das versagt wird, was in dem Wesen der Religion liegt,
die Gemeinschaft". Daher denn auch das Corpus Evangelicorum,
wiewohl vergeblich, versuchte, den, auf die Hausandacht beschränk-
ten Augsburgischen Consessionsverwandten wenigstens die Möglich-
keit der Vereinigung mehrerer Hausväter zu gemeinschaftlicher
Erbauung zu erstreiten. Richter hebt ferner hervor, wie die Be-
schränkung auf bloße Hausandacht heutigen Tages weit mehr noch
dem wahren Verbot einer Religion gleichkommt, und somit eine
größere Härte enthält, als dieses früher der Fall war. Denn bei
der Bestimmung, daß den zur Religionsübung nicht berechtigten
Glaubensverwandten, so fern ihnen der Aufenthalt im Lande ge-
stattet wurde, die Hausandacht nicht verwehrt werden dürfe, ging
man von der Voraussetzung aus, daß es ihnen möglich fein würde,
den Gottesdienst ihrer Confession in einem Nachbargebiete zu besu-
chen, daher denn auch noch ausdrücklich festgesetzt war, daß sie daran
nicht verhindert werden sollten^); welche Möglichkeit aber heutigen
Tages bei unserem veränderten Staats- und Territorialverhältniß
nur in den seltensten Fällen stattfinden wurde. Es ist dieses wieder
ein Beispiel dafür, was es heißt: an Satzungen festhalten, weil
sie historisch gleichsam die Werhe der Zeit empfangen haben; wäh-
rend die Zeit selbst, die Zustände, aus oder mit welchen die Sa-
tzungen erwachsen sind, zu denen sie in einem nothwendigen Ver-
hältnisse stehen, andere geworden sind. Die engen Schranken,
welche übrigens der Hansandacht gesetzt sind, der Drang des Her-
zens, sie zu überschreiten, und sich zu gemeinschaftlichem Gebet,
Gesang, Betrachtung mit Gleichgesinnten zu vereinigen, die Ver-
suchung, Gebote zu überschreiten, für welche unser Gewissen keinen

86) Aem. L. Richter, der Staat und die Deutschkatboliken (Leipzig,
1846) S. 27.
87) Instr. Pac. Osn. V. 34 — domi devotioni suae, sine inquisitione
aut turbatione privatim vacare, in vicinia vero, ubi et quotiens
voluerint, publico religionis exercitio interesse, vel liberos suos
exteris suae religionis scbolis committere non prohibeantur.

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