Full text: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 11 (1847))

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Wilda:

bei der Hofmusik sollten „so viel möglich reiner Augsburgischer Con-
fession zugethan sein"^). Da heutigen Tages die Mitglieder der
katholischen und evangelischen Kirche in allen Bundesstaaten im Ge-
nuß der staatsbürgerlichen Rechte einander vollkommen gleich sein
sollen, so kann nur noch in Frage kommen, ob die andern christli-
lichen Religionsparteien Angehörenden und Nichtchristcn, d. h. be-
sonders Juden (denn von andern wird in unseren Staaten nicht die
Rede sein) von den politischen Rechten ausgeschlossen bleiben sollen?
Unser Autor bejaht dieß. Aber der Grund, „daß Niemand es bis-
her Unrecht gefunden, daß ein Jude und Muhamedaner nicht Bi-
schof sein könne," u. s. w., paßt nicht in gleicher Weise gegen
die s. g. Sectirer, d. h. gegen Alle, welche sich von den Landes-
kirchen trennen; es mangelt jede weitere Rechtfertigung.
Ob den Juden die staatsbürgerlichen Rechte, die Fähigkeit zur
Bekleidung von Sraatsämtern Mit Recht entzogen bleiben darf,
überschreitet die Grenzen des Gegenstandes, mit welchem wir uns
hier beschäftigen, indem es dabei vorzüglich in Betracht gezogen
werden müßte, ob es Männer unter ihnen gibt, welchen ein natio-
nales Sonderbewußtsein und Sonderinteresse abgeht, welche sich
nur als Angehörige desjenigen Volkes, unter welchem sie ausge-
wachsen sind, fühlen und wissen? In Frankreich, Belgien und
Holland sind Juden bereits durch die Wahl der Negierung, das
Vertrauen des Volkes, der Gemeinden, selbst zu höhern Aemtern
emporgestiegen. England hat in seiner Gesetzgebung denselben
Weg betreten. Hat nun aber seitdem das Volk in jenen Ländern
sich mehr vom Chriftenthum abgewendet, ist christliche Denkweise
und Sitte erschüttert worden?
Stahl meint zwar: durch die Zulassung von Nichtchristen,
namentlch von Juden, zu Staatsämtern und zur Volksvertre-
tung werden nicht nur der Charakter und die Interessen des
christlichen Staates beeinträchtigt, sondern die Ertheilung der vollen
politischen Berechtigung (der Emancipation) sei, beim Licht betrachtet,
sogar gegen sie selbst (die Juden) ein Unrecht, denn sie befestige
die Meinung, eine Religion sei, wie die andere, und hemme
ihnen dadurch den Weg christlicher Erkenntniß, den ihnen das
christliche Volk, der christliche Staat, in welchem sie leben, gerade
79) Kanzleiordnung v. 1660 P. VI. Tit. 1. (Zeller 's Sammlung
der württ. Negierungsgesetze Th. 2. S. 415.)j

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