Full text: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 11 (1847))

Wilda:

nett Religionen zu bekennen, und von einer zur andern überzugehen,
ohne deßhalb als Ketzer bestraft oder sonst gewaltsam behandelt zu
werden, ist das, was man früher zuerst und vorzugsweise als Ge-
wissensfreiheit bezeichnet hat M). — Daher wurde es schon als eine
Art Beneficium betrachtet, wenn es denen, welche fich nicht zur
Landeskirche bequemen wollten, freigestellt blieb, mit ihrer Habe aus-
zuwandern, wie es der westphälische Frieden bestimmt hatte. Von
mehreren katholischen Reichsständen und namentlich von Oestreich
wurde aber dieses flebile beneficium so wenig beachtet, daß die
Evangelischen sich dem härtesten Drucke preisgegeben sahen, namentlich
ihnen, wenn sie nicht von ihrem Glauben lassen und auswandern wollten,
ihre Kinder und ihre Haabe vorenthalten wurden^), ja daß man nach-
mals sogar anfing, dieselben in entlegene Gegenden, namentlich
nach Siebenbürgen, zu transportiren56), indem man hier die In-
toleranz zugleich für den Staat auszubeuten suchte. Aehnlich wie
unter Maria Theresia noch gegen die Augsburgischen Confessionsver-
wandten 57) wurde, wie zuvor bemerkt, unter Joseph II. gegen die
Socinianer verfahren.
54) S.J.J.Moser, von der Landeshoheit in geistlichen Sachen (1775).
S. 413.
55) Nicht uninteressant wegen der dadurch erweckten Erinnerung an
neuere Zeitereignisse ist, daß der Churfürst von Brandenburg
unter'm 18. März 1688 eine Vorstellung an den Kaiser wegen der
aus der Grafschaft Tyrol vertriebenen evangelischen Glaubens-
genossen gerichtet hat, worin es heißt, „daß Kais. Majestät aller-
gnädigst geruhen möchten, das im Instr. pacis in dergleichen Fäl-
len verordnete und festgestellte benefidum emigrationis, — welches
ohnedem so viel Kummer und Trübsal in sich enthält, — diesen
elenden Leuten doch dahin zu statten kommen zu lassen, daß, da
sie vor ihrer Personen in gedachter Grafschaft nicht mehr gedul-
det werden wollen, ihnen doch wenigstens ihre arme unschuldige
Kinder, so ihnen bisher vorenthalten werden, abgefolgt und dane-
benst über ihre geringe Habseligkeit die Disposition verstattet wer-
den Möge." S. Pfeffmger, Vitriarius illustr. T. IV. p. 34.
56) Es sah sich deßhalb das Corpus evarigelicorum insbesondere in den
Jahren 1735 und 1754 zu den bittersten Beschwerden veranlaßt.
S. I. I. Moser von der Landeshoheit in Religionssachen S. 843. ff.
57) S. darüber auch Heinrich's deutsche Reichsgeschichte Bd. 8.
S. 274 ff.

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