Full text: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 11 (1847))

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Ueber Gewissensfreiheit.
werden, als er sich wieder als Deist anmeldet, nicht weil er ein
Deist ist, sondern weil er sagt, das zu sein, was er nicht weiß, Wa-
es ist". Dohm bemerkt, daß Joseph II. diese gegen unschuldige
Unterthanen verübten Grausamkeiten sicher nicht wollte, ja wahr-
scheinlich von der Ausführung in ihrem ganzen Umfang nicht einmal
unterrichtet gewesen ist. Sehr wahrscheinlich seien ihm falsche Be-
richte über die Gesinnungen der böhmischen Deisten zugekommen,
welche gerade in eben den Districten von Böhmen gefunden wurden,
in denen noch vor einigen Jahren aufrührerische Bauern sich gezeigt
hatten. Dieser Umstand sei benutzt worden, um sie verdächtig zu
machen, obgleich die Deisten bürgerlichen Gehorsam nicht geweigert
hatten.
Die großen politischen Veränderungen, welche in Deutschland
mit dem gegenwärtigen Jahrhundert eintraten, trugen indeß dazu bei,
die große Ungleichheit, welche noch immer in den einzelnen deutschen
Ländern zwischen Katholiken, Lutheranern und Reformirten bestanden,
mehr auszugleichen; und dieses blieb auch nicht ohne Einfluß auf
die Behandlung anderer Neligionsparteien. Durch den Reichsdepu-
tations-Hauptschluß von 4.805 (§. 63) wurde den Landesherren
das Recht ertheilt, in den (Entschädigungs-) Ländern, in welchen
bisher nur Einer Confession Religionsübung gestattet, und diese
Erclusivität durch Gesetz und Landesverträge gesichert war, „auch
andere Religionsparteien zu dulden" (d. h. Aufnahme zu gewähren),
und ihnen den vollen Genuß der bürgerlichen (d. i. hier: Privat-
und politischen^) Rechte zu ertheilen." Da der §. 63 ganz
allgemein „von Religionsverwandten" spricht, so konnte man aller-
dings daraus folgern, daß den Landesherren dadurch das Recht
auch der Aufnahme von Seelen reichsgesetzlich zugestanden, und so-
mit das Verbot des westphälischen Friedens aufgehoben worden sei 5I).

50) S. Zacharia, deutsches Staatsrecht Bd. 1. S. 250.
51) So berichtet Moy, Bairisches Staatsrecht Bd. 1. S. 90,
daß durch ein Edict v. 10. Jan. 1803 in den Ländern in Schwa-
ben und Franken, welche durch den Lüneviller Frieden an Baieru
gekommen waren, allen christlichen Religio ns verwand-
ten, die sich dort Niederlagen würden, der volle Genuß der bür-
gerlichen Rechte zugesichrrt wnrde, womit für die AnhLNger der
drei im Reiche herrschenden Confesflonen die Zulassung zu allen
öffentlichen Aemtern verbunden war.

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