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einem andern Glauben übertrat, des Landes verwiesen und konnte
von seinen Eltern enterbt werden^). Aehnlich in vielen deutschen,
wie in andern protestantischen Ländern.
Wiewohl die Religionsverfaffung in den einzelnen Staaten und
Territorien in verschiedener Weise unter Einwirkung gar mannigfal-
tiger Umstände sich entwickelte, so läßt sich doch im Allgemeinen sagen,
daß gegen das 18te Jahrhundert hin man zunächst in protestantischen
Ländern, was auch nicht ohne Einfluß auf einzelne katholische Länder
blieb, eine größere Toleranz zu üben anfieng, indem andere Confes-
sionsverwandte theils in Ländern, wo sie bisher gar nicht geduldet
wurden, zugelaffen, theils auch die Beschränkung derselben gemildert
wurde 44). Wenn dieses nun gleich dem Wiedererwachen des pro-
testantischen Prinzipes, welches durch eme starre herzlose Orthodorie
ganz zurückgedrängt worden war, der Macht der Wissenschaft zuzu-
schreiben ist, so haben doch politische Umstände mancher Art mit dazu
beigetragen, die Toleranz zu befördern und das bisherige System
Testament von 1664. Reyscher, württ.Staatsgrundgesetze Bd. 2.
S. 283. 402.
43) Bergt. Wächter, württemb. Privatrccht Bd. 1. S. 391. und
Reyscher, württemb. Privatrecht Bd. 1. §. 172. 2te Aust.
44) In England wurden die harten Verordnungen gegen die Dissenters
durch ein Toleranzedict v. 1688 aufgehoben; die strengen Verord-
nungen gegen die Katholiken wurden erst seit 1788 gemildert.
S. über die Fortschritte zur Duldung und Religionsfreiheit in
England: G ladstone, der Staat in seinem Verhältniß zur Kirche
(Halle 1843) S. 464 ff. In Dänemark wurde den Katholiken
und Reformirten seit 1685 an verschiedenen Orten Religionsübung
gestattet und seit 1684 werden auch an verschiedenen Orten Juden
ausgenommen. In Schweden wurde, fast loo Jahre später, den
Bekenner« anderer Religionen, als der evangelisch-lutherischen, Re-
ligivnsübung gestattet. Vgl. Martens Abriß des Staatsrechts
der vornehmsten europ. Staaten (1792) S. 23. 83. 147. In Hol-
stein wurde schon in den ersten Decennien des 17. Jahrh. fremden
Religionsverwandten: Reformirten, Katholiken, Menoniten,
an einigen Orten Aufenthalt und Religionsübung gewährt. Siehe
Falck a. a. O. S. 160. In Württemberg begann die Toleranz erst
im Anfang des 18. Jahrh. S.Wächter a. a. O. S. 393. Eine
fürstliche Resolution von 1730 bezeichnet die Unduldsamkeit gegen
Reformirte durch „einfältige alte principis".