Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 5 (1895))

2.2. Die Uebersendungspflicht des Verkäufers und ihre Wirkungen : Eine handelsrechtliche Studie

Melly, Die Uebersendungspflicht des Verkäufers und ihre Wirkungen. 5
beschränkt, so dürste es, wiederum aus praktischen Rücksichten keinem ernstlichen
Bedenken unterliegen, ihn, mindestens analog, anzuwenden auf die Fälle, in denen
nach erfolgter Beweisaufnahme vor dem Prozeßgerichte in dessen Besetzung eine
Veränderung eingetreten ist. Es fehlt denn auch sowohl in der Literatur wie
in der Rechtsprechung nicht an gewichtigen Stimmen, die dieser Meinung ebenfalls
Ausdruck verleihen 8).
Schlimmsten Falles würde es sich aber wohl auch rechtfertigen lassen, das
Protokoll über die Beweisaufnahme durch einen beauftragten Referendar durch
dessen Vortrag in den Prozeß einzuführen als die Beurkundung der amtlichen
Wahrnehmung einer Gerichtsperson d. h. als ein urkundliches Beweismittel.
Endlich versteht es sich von selbst, daß von dem Aushilfsmittel einer solchen
Beweisaufnahme im geordneten Prozeßgange zu Ehren des darin herrschenden
Grundsatzes der Mündlichkeit und Unmittelbarkeit nur ausnahmsweise in Noth-
fällen und am Allerwenigsten aus bloßen Bequemlichkeitsrücksichten Gebrauch ge-
macht werden darf. _
Die Uebersendungspflicht des Verkäufers und ihre Wirkungen.
Eine handelsrechtliche Studie.
Bon Justizrath Dr. Melly in Leipzig.
Bei Beurtheilung dessen, was der Verkäufer einer Handelswaare zu thun
hat, um sich seiner Vertragsverbindlichkeiten gegen den Käufer korrekt zu ent-
ledigen, mit einem Wort: den Vertrag seinerseits zu erfüllen, sind zunächst die
Bestimmungen der Artikel 324, 342, 344 und 345 des Allgemeinen Deutschen
Handelsgesetzbuchs in Betracht zu ziehen.
Diese.Artikel ordnen nicht nur im Allgemeinen an, wo zu erfüllen ist,
sondern sie geben auch speziell einen sicheren Anhalt dafür, an welchem Orte
die verkaufte Waare übergeben werden muß. Hierbei ist hervorzuheben, daß
die Vorschriften der Art. 324 und 342 nur insofern subsidiär sind, und nur
dann keine Anwendung finden, wenn ein Anderes durch den Vertrag bestimmt ist,
oder aus der Natur des Geschäfts, oder der Absicht der Kontrahenten sich er-
giebig. Immerhin müssen daher jene Normen als solche erkannt werden

») Vergl. Planck, Lehrbuch des deutschen Civilprozesses 1,182 bei Anm. 39. Reincke,
die deutsche Civilprozeßordnung zu § 258 unter 2, 6 Abs. 4 S. 253 der ersten Auflage.
Gaupp, die deutsche Civilprozeßordnung Anm. I, 1 zu 8 258, S. 521 und Anm. I zu
§ 320, S. 641 des II. Bandes 2. Auflage, von Wilmowski und Levy, Civilprozeß-
ordnung Anm. 2 zu § 258, in Anm. 1 a. E., zu 8 280, S. 430 und 474 der 6. Auflage.
Senffert, Civilprozeßordnung, Anm. 3 zu § 268, S. 338 flg. der 5. Auflage, Entschei-
dungen des Reichsgerichts in Civilsachcn VI, 194; XIV, 379 flg.
*) Sie derogieren also dem Landesrechte und können auch durch Handelsgewohnheits-
recht nicht beseitigt werden. R.G. Civils. III, 117; XXIII, 100.

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