Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 5 (1895))

19.1.15. Die prozeßhindernde Einrede, daß die zur Erneuerung des Rechtsstreits erforderliche Erstattung der Kosten des früheren Verfahrens noch nicht erfolgt sei, greift auch gegenüber dem im Armenrecht streitenden Kläger Platz und setzt nicht voraus, daß die Rücknahhme der früheren und die Erhebung der neuen Klage sich als eine nutzlose Belästigung der beklagten Partei darstelle. C.P.P. § 247 Ziff. 5.

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Zu § 2476 der C.P.O.

zur Verkündung der Entscheidung ein späterer Termin anberaumt worden war,
beantragte der Vertreter der Beklagten mittels Schriftsatzes die Wiedereröffnung
der Verhandlung, weil er nunmehr durch das aufgefundene Tagebuch des Be-
klagten darthun könne, daß die Aussage einer Zeugin unwahr sei. Der Antrag
ist zurückgewiesen worden in der Erwägung, daß der Beklagte, nachdem er bis
zum Schluffe der Berufungsverhandlung von seinem Tagebuche nicht Gebrauch
gemacht habe, mit diesem Beweismittel ausgeschlossen (§§ 251, 256, 485 der
C.P.O.) und nicht berechtigt sei, zur nachträglichen Geltendmachung derselben die
Wiedereröffnung der Verhandlung zu verlangen, zu einer Wiedereröffnung von
Amtswegen aber kein Anlaß bestehe.
Diese Entscheidung steht mit dem maßgebenden § 142 der C.P.O. im Ein-
klänge. Die Partei hat kein Recht, zur Nachholung eines versäumten Vorbringens
oder zur nachträglichen Geltendmachung eines bisher nicht benutzten Beweismittels
die Wiedereröffnung einer geschlossenen Verhandlung zu beantragen, sondern es
kann diese Wiedereröffnung in der Zeit zwischen dem Schluß der Verhandlung und
der Verkündung der Entscheidung nur durch einen von Amtswegen gefaßten Ge-
richtsbeschluß angeordnet werden. In diesem. Sinne hat sich auch bereits das
Reichsgericht ausgesprochen.
Seuffert's Archiv Bd. 41 Nr. 231; Entscheidungen des Reichsger.
in Civils. Bd. 16 S. 417 (= Senfs. Archiv Bd. 42 Nr. 62)
und es wird hierfür auch aus die Kommentare von Seussert, 6. Aufl. und
Gaupp, 2. Aufl. Bezug genommen. Um einen Fall des von der Revision heran-
gezogenen ß 398 der C.P.O. handelt es sich hier offenbar nicht.
Aus Seuffert's Archiv Bd. 50 Nr. 210.
Die prozeßhindernde Einrede, daß die zur Erneuerung des Rechtsstreits
erforderliche Erstattung der Kosten des früheren Verfahrens noch nicht
erfolgt sei, greift auch gegenüber dem im Armenrecht streitenden Kläger
Platz*) und setzt nicht voraus, daß die Rücknahme der früheren und die
Erhebung der neueren Klage sich als eine nutzlose Belästigung der beklagten
Partei darstelle. C.P.O. 8 247 Ziff. 5.
O.LG. Dresden, Urtheil vom 26. März 1895. 0. m. 144/94.
Auch nach Ansicht des Berufungsgerichts ist die von dem Beklagten aus
8 247 Ziff. 5 der C.P.O. vorgeschützte prozeßhindernde Einrede zu beachten, da
der Anspruch, welchen die Klägerin in dem gegenwärtigen Rechtsstreite verfolgt,
und ihr jetziger Klagantrag mit dem Anspruch und dem Anträge vollständig über-
einstimmen, die den Gegenstand der von ihr im Januar 1894 bei dem Amts-
gericht Zwickau gegen denselben Beklagten erhobenen, dann unter Uebernahme der
*) In demselben Sinne hat das O.L.G. Breslau erkannt, Seuffert's Archiv
Bd. 60 Nr, 129.

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