Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 5 (1895))

19.1.12. Erfüllungsort für die Verbindlichkeiten des Kommittenten gegenüber dem Kommissionär. § 29 C.P.O.

Erfüllungsort beim Kommissionsvertrage. § 29 C.P.O. 567
Gesetzes über höherwerthige Ansprüche Kollegialgerichte entscheiden sollen (Land-
gericht, Oberlandesgericht, Reichsgericht), die nach Auffassung des Gesetzes die
Vermuthung einer bessern Gewähr für die Richtigkeit der schließlichen Entscheidung
für sich in Anspruch nehmen dürfen als der amtsgerichtliche Jnstanzenzug (Einzel-
richter und landgerichtliche Berufungsinstanz)
vergl. Motive zu § 10 C.P.O. S. 51,
würde der Beklagte durch das Gebühren des Klägers, falls dasselbe zulässig wäre,
der ihm hiernach gesetzlich gewährleisteten Vortheile beraubt und ihm namentlich
die Möglichkeit der Anrufung des Oberlandesgerichts und nach Befinden der
Revisionsinstanz entzogen werden. Wenn auch nach 8 38 C.P.O. im Einver-
ständniß des Beklagten ein Anspruch vor einem an sich unzuständigen Gericht
niederer Ordnung verhandelt werden kann, so darf dies doch nicht gegen den
Willen des Beklagten geschehen. Man darf auch nicht, wie es die Entscheidung
in Wengler's Archiv 1887 S. 91 flg. thut, aus der Möglichkeit der Proro-
gation solgem wollen, daß das Gesetz keinen besonderen Werth auf die sachliche
Zuständigkeit lege, im Gegentheil folgt aus § 465 Abs. 2, § 467 C.P.O., daß
auch die C.P.O. die Wahrung der Vorschrift in § 16 Satz 2 G.V.G. im Auge
hat, wonach Memand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden darf. Die Ent-
scheidung in Wengler's Archiv 1883 S. 447, die die Unzuträglichkeit der
Theilklagen für den'Beklagten nicht verkennt, verweist ebenso wie Wach, Hand-
buch, Bd. I S. 373 den Beklagten auf die negative Feststellungswiderklage nach
8 467 C.P.O. Allein eine solche Widerklage ist in der vorliegenden vom Kläger
gewählten Prozeßart unzulässig (8 558 C.P.O.), sodaß die erwähnte Erwägung
schon deshalb bei einem Falle dieser Art nicht Platz greifen kann.
Wenn hiernach die Zerlegung des Anspruchs in zwei Klagen aus der einen
Seite durch ein gerechtfertigtes Interesse des Klägers nicht bedingt wird, auf der
andern Seite aber eine offenbare Benachtheiligung des Beklagten durch Ver-
schiebung der örtlichen und sachlichen Zuständigkeitsgrenzen mit sich bringt, so muß
in einem derartigen Verfahren ein unzulässiger Verstoß gegen 8 16 Satz 2 des
G.V.G., wonach Niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden darf, so-
wie gegen 8 23 G.V.G. und 8 1 C.P.O., wonach ein Wertbctrag von
300 Mark die äußerste Grenze der amtsgerichtlichen Zuständigkeit bilden soll, er-
blickt werden.
Erfüllungsort für die Verbindlichkeiten des Kommittenten gegenüber dem
Kommissionär. 8 29 C.P.O.
Urtheil des R.G.'s I. Civil-S. vom 26. Januar 1898. I 850/94.
Klägerin treibt gewerbsmäßig in Berlin den Kommissionshandel mit Schlacht-
vieh. ■ Dies wird ihr von den Produzenten zugeführt, und nachdem sie es ver-
kauft hat, stellt sie den Kommittenten Rechnung aus und bezahlt ihnen den Kauf-

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