Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 5 (1895))

19.1.10. Ueber die fortdauernde Giltigkeit der den Vorwegabzug der Beerdigungskosten betreffenden Bestimmung in § 2329 des B.G.B.'s.

564 Zu § 2329 des B.G.B.'s.
Heber die fortdauernde Giltigkeit der den Vorwegabzug der Beerdigungs-
kosten betreffenden Bestimmung in § 2329 des B.G.B.'s.
L.G. Dresden, V. Civ.-K. Urtheil vom 6. Mai 1895. Dg. V. 18/95.
Aus den Gründen: Es handelt sich vorliegend um eine zahlungsun-
fähige Erbschaft. In diesem Falle ift. der Erbe nach § .2329 des B.G.B.'s be-
rechtigt, die auf die Beerdigung des Erblassers verwendeten Kosten vorweg abzu-
ziehen. Allerdings wird in den in Wengler's Archiv 1884 S. 168 flg. und
im Sächsischen Archiv 1893 S. 98 flg. veröffentlichten Entscheidungen.des
2. Civilsenats des Kgl. O.L.G.'s Dresden die Ansicht vertreten, die hier ftagliche
Bestimmung des § 2329 habe, wie der Zusammenhang mit den darauf folgenden
§8 2331 flg. ergebe, ausschließlich auf dem Grundsätze des früheren sächsischen
Konkursrechtes, daß die Begräbnißkosten, wenn der Tod vor Ausbruch des Kon-
kurses zum Nachlasse erfolgt, vorzugsweise zu befriedigen sind, beruht und habe
mit dem Wegfall dieses Grundes nach § 4 des B.G.B.'s ihre Kraft verloren.
Diese Ansicht vermag das Berufungsgericht nicht zu theilen. Inwiefern bezw.
warum der Zusammenhang mit den 88 2331 flg. ergeben soll, daß 8 2329
ausschließlich auf dem angegebenen konkursrechtlichen Grundsätze beruht, ist in
jenen Entscheidungen nicht gesagt worden und auch sonst nicht erfindlich. Dagegen
ist zu berücksichtigen, daß die ftagliche Bestimmung des 8 2329 der im 8 2363
des Entwurfs entspricht und dieser Paragraph nach den beigegebenen Motiven nur
Bestimmungen der Dec. 57 vom Jahre 1661 wiederholen will; diese war aber
überhaupt nicht konkursrechtlicher Natur. Auch die sonstigen Materialien zum
B.G.B. geben keinen Anhalt dafür, daß die ftagliche Vorschrift des 8 2329
lediglich um deswillen erlassen worden sei, weil nach damaligem Konkursrechte die
Begräbnißkosten privilegirt waren. Die Bemerkung im Rev. Prot. Nr. 221
S. 33: „Bestimmungen darüber zu treffen, ob unter der im Paragraphen an-
gegebenen Voraussetzung der Richter mit der Konkurseröffnung zu verfahren habe,
überließ man der Konkursordnung" deutet eher darauf hin, daß man eine den
konkursrechtlichen Vorschriften gegenüber selbständige Norm habe schaffen wollen.
Das Gesetz bringt überdies mit seiner Bestimmung die allgemeine Auffassung im
Leben zum Ausdruck und wird wie diese durch die Rücksicht auf die besondere
Natur des Aufwandes und das an der Beerdigung obwaltende öffentlich-rechtliche
Interesse gerechtfertigt. Diese Umstände sind der wesentliche Grund jener Vor-
schrift Und nicht jener konkursrechtliche Grundsatz und wenn er auch den Gesetz-
geber beim Erlaß jener Vorschrift beeinflußt haben mag, so ist er höchstens einer
von den verschiedenen Gründen des Gesetzes, nicht aber der ausschließliche. So
lange Letzteres nicht seststeht, kann nicht angenommen werden, daß die Wirksamkeit
der ftaglichen Vorschrift in 8 2329 des B.G.B.'s durch den Wegfall jenes kon-
kursrechtlichen Grundsatzes berührt worden sei.

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