Miethrecht. Anspruch auf Anbringung einer Firma.
nicht erwähnt und in § 9 die Bestimmung enthalten: „Abweichungen des Miet-
vertrages sind schriftlich festzustellen. Berufungen auf mündliche Uebereinlommen
und Abmachungen werden hiermit von beiden Theilen im Voraus für rechts-
ungültig erklärt." Allein trotz dieser Bestimmung gelten mündliche Verabredungen,
welche vor oder bei dem Abschlüsse des Vertrages stattgefunden haben, wenn nur
eine Vereinigung getroffen worden ist, daß sie neben der Urkunde gelten sollen
(B.G.B. § 826 Satz 2), und erst recht spätere Vereinbarungen, wenn nur die
Parteien auch darüber einig waren, daß sie bindend sein sollten, obwohl sie nicht
schriftlich festgestellt wurden, wie in der Urkunde ins Auge gefaßt worden war
(vgl. Wenglers Archiv v. I. 1880 S. 15). Denn die Parteien können die
auf ihrem Willen beruhende Vereinbarung der Schriftform im gegenseitigen Ein-
verständniß von vornherein oder nachmals beschränken. Und zwar können sie dies
allenthalben nicht nur ausdrücklich, sondern auch stillschweigend thun, wie sonst
(B.G.B. c§ 98). Nun unterliegt es keinem Zweifel, daß M. und der Kläger
beim Abschluß des neuen Miethvertrages vom 3. Februar 1890, welcher nur
wegen der Bestimmung einer Dauer und der Erhöhung des Miethzinses erfolgte
und bei dem nichts weiter besprochen wurde, stillschweigend darüber einig waren,
daß das alte Recht des Klägers auf die Firma unberührt bleiben und auch neben
der Urkunde weiter gelten sollte. Mindestens aber hat M. es dem Kläger in der
Folgezeit neu und mit dem Willen, daß es trotz des Mangels der verabredeten
Schriftform gelten solle, stillschweigend eingeräumt, indem er 3 Jahre lang keinen
Einspruch gegen die Firma erhob. Der Beklagte aber ist im Jahre 1894 als
Käufer des Hauses wiederum in den bis 1896 verlängerten Miethvertrag zwischen
M. und dem Kläger und mithin auch in die Verpflichtung eingetreten, die Firma
zu dulden. Sein Einwand, daß er nur in den schriftlichen Vertrag (vom
3. Februar 1890) eingetreten sei, schützt ihn nicht. Denn indem er einmal in
den Vertrag eintrat, übernahm er alle Verpflichtungen des Vermiethers, gleich-
viel ob sie in oder neben der Urkunde begründet waren und ob er sie im Ein-
zelnen kannte oder nicht. Denn der Vertrag ist einheitlich und die Pflichten aus
ihm bilden ein untheilbares Ganze. — Sein Anerbieten, daß der Kläger seine
Firma an anderen Stellen des Hauses anbringen dürfe, genügt seiner Pflicht nicht.
Denn der Kläger hat ein Recht darauf, daß er seine Firma an der alten Stelle
und in der alten Weise erneuern dürfe....
Aber der Kläger kann nicht verlangen, - daß der Beklagte die Firma auf
seine Kosten wieder anschreiben lasse. Denn R. und M. haben ihm nur ge-
stattet, daß er sie auf seine Kosten anschreibe. Auch hat der Beklagte die Firma
nicht muthwillig überstreichen lassen, sondern weil sich ein neuer Anstrich des
ganzen Hauses nöthig machte und die schadhafte Firma dabei selbstverständlich
nicht stehen bleiben konnte. Also muß der Kläger selbst für ihre Erneuerung
sorgen.
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