tzchanze, Was ist unter gewerbsmäßiger Benutzung einer Erfindung zu verstehen? 531'
geräthe, sondern lediglich Gebrauchsmittel sind, innerlich nicht immer begründet
erscheint, so neigt die Rechtsprechung zu einer thunlichst weiten Auslegung. der Be-
griffe „Betriebsvorrichtung" und „Arbeitsgeräth". In solchen Fällen aber, in
welchen auf diesem Wege den sachlich begründeten Interessen ihre Geltung nicht
verschafft werden konnte, sind zuweilen empfindliche Nachtheile für den Patent-
inhaber dadurch erwachsen, daß der patentirte Gegenstand aus dem Auslande, oder
auch in seinen einzelnen durch das Patent nicht geschützten Bestandtheilen aus dem
Inlands bezogen und sodann im beliebigen Umfange in Gebrauch genommen wer-
den durfte. Es ist daher rathsam, die geltende Verschiedenheit in der Wirkung
des Patents ganz zu beseitigen und die umfassenderen Vorschriften des bisherigen
§ 4 Abs. 2 auf alle Gebrauchsgegenstände zu erstrecken. — Dieser Erweiterung
gegenüber kann es aber nicht mehr für zulässig erachtet werden, den Patentschutz
auch auf das Gebiet des häuslichen Gebrauches zu erstrecken. Der Entwurf hat
daher, im Einklänge mit den in der Patentenquete vom Jahre 1886 geäußerten
Wünschen, der oben erörterten Ausdehnung eine Einschränkung insofern gegenüber-
gestellt, als er ausdrücklich bestimmt, daß nur derjenige Gebrauch unter den Patent-
schutz falle, welcher sich als „gewerbsmäßig" charakterisirt. Es soll durch letzteren
Begriff die gewerbliche Benutzung im weitesten Sinne, insbesondere auch diejenige
im Bereiche der Land- und Forstwirthschaft, des Bergbaues, des Verkehrswesens
u. s. w. getroffen werden. Angesichts der Auslegung, welche der Ausdruck „ge-
werbsmäßig" in der Rechtsprechung gefunden hat, steht es nicht zu befürchten,
daß der Wortlaut des Entwurfs zu Mißverständnissen Anlaß bieten werde.
In dem zweiten, im November 1890 veröffentlichten Entwürfe 55) erfuhr
die Bestimmung des § 4 insofern eine Abänderung, als die Wirkung der Patent-
ertheilung positiv gekennzeichnet wurde:
Das Patent hat die Wirkung, daß der Patentinhaber ausschließlich be-
fugt ist, gewerbsmäßig den Gegenstand rc.
Im Uebrigen wurde die Fassung des ersten Entwurfs beibehalten. Die
„Begründung" des zweiten Entwurfes stimmt mit den „Erläuterungen" des ersten
Entwurfs überein; nur enthalten sie am Schluffe noch die Bemerkung:• Ebenso
kann es keinem Zweifel unterliegen, daß auch die Verwendung als Hülfsmittel
der gewerblichen Produktion von den Vorschriften des 8 4 betroffen wird.
Das Gesetz vom 7. April 1891 unterscheidet sich also in doppelter Be-
ziehung von dem früheren Gesetzes, einerseits wird das ausschließliche Gebrauchs-
recht des Patentinhabers unterschiedslos auf alle Erfindungserzeugnisse ausgedehnt,
andererseits wird das ausschließliche Gebrauchsrecht des Patentinhabers auf den
gewerbsmäßigen Gebrauch beschränkt.
Der Verein deutscher Ingenieure (vergl. oben S. 525 flg.) wollte das aus-
schließliche Gebrauchsrecht des Patentinhabers in der Richtung der Gewerbsmäßig-
55) Sonderabdruck, Berlin 1890, Carl Heymann.
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