Full text: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 13 (1852))

Der Verfaffungsstreit in Kurhessen. 89
führt haben. Ja man kann sagen: dieser Eine Mann hat der
Achtung vor dem Gesetz und dem moralischen Ansehen
der deutschen Regierungen mehr geschadet, als alle
Putsche und Krawalle seit 1848 ihr schaden konnten.
Dabei aber hat jener Minister nicht den Muth, offen mit der Ver-
fassung zu brechen, sondern er bemüht sich, durch heimliche Ränke
sie aus dem Wege zu räumen. So gibt er sich jetzt die Miene,
als ob es nicht an der Regierung liege, wenn der §. 83 nicht ein-
gehalten werde! — Es war zu erwarten, daß der Bundescivil-
kommissär, Graf v. Leiningen, auf dessen Schultern einfach ab-
geladen wird, einer Auffassung vielleicht nur vertraulicher Aeußerun-
gen entgegentreten werde, welche mit dem officiellenAufträge- „die
landesherrliche Auktorität herzustellen" in einem fastiro-
nischen Widerspruche sich befindet. Oder sollte derselbe in dem
Haffenpflug'schen Erlasse in der That ein Mittel zu diesem Zwecke
erkannt und die Verantwortlichkeit für eine Maßregel auf sich ge-
nommen haben, welche, gesetzt auch, sie wäre materiell begründet
gewesen, doch staats- und bundesrechtlich nur von dem „souveränen
Oberhaupte des Staats", dem Subjekte der „gesammten Staatsge-
walt" (Wiener Schlußakte Art. 55—57.) ausgehen konnte? Eine
Berichtigung von Seite des Bundes-Civil-Commissärs ist, so viel
uns bekannt, nicht erfolgt. Gleichwohl kann rechtlich kein Zweifel
darüber obwalten, daß dem Lande gegenüber jedenfalls das Mini-
sterium verantwortlich bleibt für eine Verfügung, welche unter sei-
nem Namen ausgegangen, gleichwie für alle andern Folgen der
Erekution, welche mittelbar oder unmittelbar von ihm herbeigeführt
worden. Der Einwand einer unüberwindlichen höheren Gewalt
(vis major) wird wenigstens hier nicht Platz greifen können.
2) Verhaftung der Mitglieder des ständischen Aus-
schusses und ihre Stellung unter das Kriegsgericht.
Nachdem schon am 26. Dezember 1850 der Bundescivilkom-
missär dem bleibenden Ausschüsse bis auf Weiteres jede amtliche
Thätigkeit unter Androhung kriegsgerichtlichen Einschreitens unter-
sagt hatte, ist nun auch die Verhaftung der Ausschuß-Mitglieder er-
folgt, wie es scheint, aus dem Grunde, weil der Ausschuß sich ver-
anlaßt sah, den Minister des Innern wegen unterlassener rechtzeiti-
ger Berufung des Landtags bei dem Oberappellationsgericht anzu-
klagen. Der §. 81 der kurhessischen Verfassung schreibt die Anklage

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