Volltext: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 10 (1900))

Lieferung auf Abruf des Käufers.

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Was das zweite und das dritte Quantum angeht, so führt folgende Er-
wägung zu dem gleichen Ergebnisse (Zurückweisung des Anspruchs).
Das kontrahirte Gesammtquantum von 200 000 kg sollte nach dem Ver-
trage während eines zehnmonatigen Zeitraumes in Raten geliefert werden. Der
Klägerin war Vorbehalten, zu bestimmen, wohin die einzelnen Mengen zu ver-
schicken seien, sie hatte der Beklagten Versandaufgabe zu machen und damit also
auch zunächst freie Wahl in der Bestimmung der einzelnen Raten nach Menge
und Zeit der Lieferung. Daß hieraus aber nicht eilt völlig freies Belieben der
Klägerin abgeleitet werden darf, hat das Kammergericht unter Berwerthung einer
älteren Entscheidung des Reichsgerichts (Bd. 33 S. 54 flg.) mit Recht ange-
nommen. Der Bezug in Raten dient nicht blos dem Vortheile und der Be-
quemlichkeit des Käufers, sondern ebenso sehr dem Interesse und Nutzen des
Produzenten. Die Lieferungen sollen auf einen längeren Zeitraum vertheilt
werden, was von selbst dazu führen muß, daß sie sich in annähernd gleichmäßigen
Zeitabschnitten und Mengen innerhalb der vertragsmäßigen Frist abwickeln müssen.
Nur innerhalb dieser Grundlinien hat das Belieben des Käufers freien Spiel-
raum. Ueberschreiten seine Bestellungen die zulässige Grenze, so kann sie der
Verkäufer zurückweisen; bleiben Bestellungen aus, so kann der Verkäufer zu deren
Ertheilung mahnen.
Im vorliegenden Falle ist während der ersten Hälfte der Vertragsperivde
nur etwa */7 des Gesammt-Quantums abgerufen und geliefert worden. Die
Klägerin war also mit Bestellungen erheblich im Rückstände. Mahnungen der
Beklagten aber, den Bezug zu beschleunigen, waren nicht erfolgt. Daß bei solcher
Sachlage der Käufer nicht etwa plötzlich die Nachlieferung des gesummten aus der
verstrichenen Vertragsperiode rückständigen Quantums auf einmal fordern kann,
hat das Berufungsgericht in völlig zutreffender Weise ausgeführt. Ein solcher
Bezug würde keine Ratenlieserung sein, wie sie der Vertrag im Sinne hat. Da
aber andererseits eine Hinausschiebung des Endtermins der Lieferungen ohne aus-
drückliche Parleiberedung nicht leicht wird angenommen werden können, so muß
aus einem derartigen passiven Verhalten beider Theile in einem Falle, wie er hier
vorliegt, ein stillschweigendes Einverständniß darüber gefolgert werden, daß das
verbliebene Restquantum auf die verbliebene Vertragszeit annähernd gleichmäßig
vertheilt werden soll. Das führt hier dazu, daß statt der von Anfang an für
jeden Monat etwa zu rechnenden 20 000 kg nach dem Ablauf der ersten 5 Monate
für die zweite Hälfte der Vertragszeit etwa 34500 kg im Monat gefordert
werden durften. Hiernach würde der Abruf vom 28. November, der dieses
Monatsquantum um 5500 kg überstieg, allenfalls als berechtigt erscheinen
können. Als verfrüht und unberechtigt aber muß es erscheinen, wenn die Klägerin
wenige Tage nach dieser großen, ein Monalsquantum übersteigenden Bestellung
am 5. Dezember weitere 5000 kg und am 13. Dezember abermals 20000 kg
zur sofortigen Lieferung beorderte, also innerhalb eines halben Monats im Ganzen

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