17.2.7.
Sowohl die Erhebung der Widerklage im Ehescheidungsprozesse, als auch der Antrag, den Kläger gemäß § 1574 Abs. 3 B.G.B. für schuldig zu erklären, sind jetzt unzulässig, wenn Beklagte die Geltendmachung dieser Rechtsbehelfe unter der Herrschaft des früheren Rechts versäumt hat und nach den Bestimmungen des neuen Rechts eine Klage wegen des den Antrag der Beklagten begründenden Scheidungsgrundes zur Zeit des Eintritts des vom Kläger geltend gemachten Scheidungsgrundes nicht zulässig gewesen wäre. §§ 1571, 1572, 1574 Abs, 3 des B.G.B.'s.
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Ehescheidung, Rechtsbehelfe des alten Rechts.
Klagcänderung verneint worden ist, so kann dahingestellt bleiben, ob nicht die gleiche
Folgerung aus § 615 C.P.O. zu ziehen ist. Nach dieser V.orschrift kann die
Scheidungsklage mit der Klage aus Herstellung des ehelichen Lebens verbunden
werden, und zwar nicht bloß vermittelst einer Widerklage, sondern auch auf der-
selben Parteiseite; ferner auch noch in der Berufungsinstanz (R.G. 31 S. 10 flg.)"
(Aus den Blättern für Rechtspfl. im Bcz.. des Kammergerichts 1900, S. 13.)
Sowohl die Erhebung -er Iviöerklage im LhescheidungSPvozesse,
als auch der Antrag, den Aläger gemäsz § j(574 Abs. 5 B.G.B.
für schuldig zu erklären, sind fetzt unzulässig, wenn Beklagte
die Geltendmachung dieser Rechtsbehelfe unter der Herrschaft
des früheren Rechts versäumt hat und nach den Bestimmungen
des neuen Rechts eine Rlage wegen des den Antrag der Be-
klagten begründende,» Scheidungsgrundes zur Zeit des Ein-
tritts des vom Aläger geltend gemachte,» Scheidungsgriurdes
nicht zulässig gewesen wäre. 88 sS7s, J572, s67H Abs. 3 des
B.G.B.'s.
Urtheil des Kammergerichts vom 12. Januar 1900 in Sachen B. o./a. B. II. 331/99.
„Die Beklagte hat auf persönliches Befragen ausdrücklich und in durchaus ,
glaubhafter Art zugegeben, daß sie schon einige Tage nach der am 8. April 1895
stattgehabten Eheschließung auf Grund der von ihr gemachten Wahrnehmungen
überzeugende Kenntniß von dem Geschlechtsverkehr zwischen ihrem Manne und
ihrer Schwester gewonnen hat. Sie kann also jetzt, nachdem die Frist von sechs
Monaten zur Geltendmachung dieses Ehescheiduugsgrnndes zur Zeit der Erhebung
der Klage längstens verstrichen war, gemäß §8 1571, 1572 B.G.B. dieserhalb
keine Widerklage mehr erheben, zumal unstreitig die häusliche Gemeinschaft der
Parteien erst Anfangs November 1898 aufgehoben worden ist.
Da hiernach die Scheidung der Ehe lediglich auf Grund des unter 1 fest-
gestellten Ehebruchs der Beklagten mit S. auszusprechen, die Widerklage aber ab-
zuweisen war, so blieb noch der Antrag der Beklagten zu prüfen, auch den Kläger
für schuldig zu erklären.
Da aber schon zur Zeit des Eintritts des von dem Kläger geltend gemachten
Scheidungsgrundes, nämlich des in das Jahr 1897 fallenden Ehebruchs der Be-
klagten mit S., die Beklagte wegen Ablaufs der Ausschlußfrist ihrerseits nicht
mehr berechtigt warj auf Scheidung zu klagen, so fehlt es an den Voraus-
setzungen des § 1574 Abs. 3 B.G.B., soweit der Antrag auf'den bereits im
Frühjahr 1895 zur Kenntniß der Beklagten gekommenen Ehebruch des Klägers
mit Käthe E. gestützt ist."
(Aus den Blättern für Nechtspfl. im Bez. des Kammergcrichts 1900, S. 14.)