17.1.5.
Muß ein Zeuge, der in erster Instanz ohne zureichenden Grund nicht eidlich vernommen worden ist, wenn er im Berufungsverfahren über andere Fragen als in erster Instanz abgehört wird, auch bezüglich seiner in dieser erstatteten Ausfrage vereidet worden?
370 • Zeugenvereidung. •
Miethvertrage zurückzutreten, einer vorgängigen Aufforderung zur Abstellung des
Fehlers unter Setzung einer Frist habe es nicht erst bedurft. Unerheblich sei,
daß der Beklagte sich seit Jahren bemüht habe, Besserung zu schaffen und in
dieser Beziehung auch große Erfolge bis zum Einzuge Klägers erzielt habe, da
diese.Erfolge nicht derartige gewesen seien, daß der Mangel als beseitigt zu gelten
habe; auch komme es gegenwärtig, wo es sich um einen reinen Gewährleistungs-
anspruch handle, nicht darauf an, ob dem Beklagten ein Verschulden zur Last
falle oder nicht, pp.
Die von der Revision ausgestellte Behauptung, nach preußischem Rechte
müsse der Miether dem Vermiether eine angemessene Frist zur Abstellung von
Mißständen gewähren, ist jedenfalls in dieser Allgemeinheit nicht zutreffend.
Weder § 273 noch § 383 Theil I Titel 21 deö All.L.R.'s bestimmt dies, gleich-
viel ob eS sich um Mängel handelt, die bereits zur Zeit des Vertragsschlusses
vorhanden waren, oder um solche, die erst später entstanden sind. Jener Satz
kann Geltung nur für solche Fälle beanspruchen, in denen es sich um Mängel
handelt, die in kurzer Zeit beseitigt werden können, da dann von einer erheblichen
Beeinträchtigung des dem Miether zustehenden Gebrauchsrechts nicht die Rede
sein kann. Der vorliegende Fall ist aber nicht so gestaltet. Der Ruf'eines
Hauses, der Sitz gewerbsmäßiger Unzucht zu sein,, läßt sich überhaupt nicht in
kurzer Zeit beseitigen; es wird in der Regel eines längeren Zeitraums bedürfen,
ehe bekannt wird, daß die Gründe, welche den schlechten Ruf erzeugt haben, weg-
gefallen sind; den Miether während dieses Zeitraums an dem Vertrag festzuhalten,
tvürde im höchstin Grade unbillig sein. Hiernach hat daS Berufungsgericht mit
Recht angenommen, daß es, um vom Vertrage zurücktreten zu können, einer vor-
gängigen, Aufforderung an den Beklagten, den Mangel abzustellen, nicht bedurfte.
Alutz ein Zeuge, -er in erster Instanz ohne zureichenden Grund
nicht eidlich vernommen worden ist, wenn er im Bevufungs-
verfahven über andere Fragen als in erster Instanz abgehört
wird/auch bezüglich seiner in dieser erstatteten Aussage vereidet
worden?
Uriheil vom 30. April 1900. VI. 74. I960.
Die Revision erhebt den prozessualen Angriff, daß die auf Grund der
erstinstanzlichen unbeeidigten Aussage des Zeugen W. getroffene Feststellung (es
folgt deren Inhalt), nicht ohne nachträgliche Beeidigung deS Zeugen hätte ge-
troffen werden können. In der Nichtbeeidigung des Zeugen ist ein prozessualer
Verstoß mit Rücksicht auf die schon vom Vorderrichter angezogenen §§ 267, 492,
jetzt 295, 530 C.P.O. nicht zu erblicken. Die Nichtbeeidigung des Zeugen
bezüglich seiner erstinstanzlichen Aussage ist vom Kläger erst in der Berufungs-
instanz gerügt. Daß der Zeuge in dieser Instanz nochmals vernommen und auf