Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 10 (1900))

7.2.3. Die Scheidung weghen Quasidesertion (nach § 1567 Ziff. 1 des B.G.b:'s) ist zulössig, auch wenn betreffs derm nach Art. 201 Abs. 2 des Einf-=Ges. zum D. BGB zugleich nach dem Recht des sächsischen B.G.B.'s (§ 1731 a. E.) zu beurtheilenden Verfehlung die (nach dem letzteren an sich erforderliche) vollständige Durchführung des sächsischen Zwangsverfahrens mit Rücksicht auf die, am 1. Januar 1900 eingetretene Rechtsänderung nicht möglich gewesen ist. - § 888 C.P.O. und § 16 des Einf-=Ges. dazu in der Fassung des Gesetzes vom 17. Mai 1898.

180

Scheidung wegen Quasidesertion.

Der Beweis ihrer Behauptungen hängt von der Leistung des darüber zu-
geschobenen Eides ab. Die Eideszuschicbung war nach § 617 Abs. 2 C.P.O. zu-
lässig, da sie sich auf Thatsachen bezog, die nicht zur Begründung eines Scheidungs-
antrags dienen sollen, rc.
Die Scheidung wegen • ©uasidesertion (nach § 1(567 Ziff. 1 des
B.G.B.'s) ist zulässig, auch wenn betreffs der, nach Art. 20\
Abs. 2 des Linf.-Ges. zunr D. BGB. zugleich nach dem Recht
des sächsischenB.G.B.'s (8 (731 a. G.)zubeurcheilenden Ver-
fehlung die (nach dem letzteren an sich erforderliche) voll-
ständige Durchführung des sächsischen Zwangsverfahrens
mit Rücksicht auf die, am ). Januar 1900 eingetretene Rechts-
änderung nicht möglich gewesen ist. — § 888 £.£.©. und
§ 16 des Linf.-Gef. dazu in der Fassung des Gesetzes vom
17. Mai 1898.
(Urtheil des Landgerichts Leipzig vom 16. Februar I960. E. 831/99.
Die Ehe der Parteien wird geschieden, weil die Beklagte den Kläger böslich
verlassen hat. Die Beklagte trägt die Schuld an der Scheidung." rc.
Aus den Gründen:
. . . Der Kläger ist daher sowohl nach § 1731 a. E. des sächsischen, als
auch nach 8 1567 Ziff. 1 des Deutschen B.G.B.'s, welche beiden Vorschriften
nach Art. 1, 17, 201 des Einf.-Ges. zu letzterem auf den Klaganspruch An-
wendung leiden, zu dem Anträge auf Scheidung der Ehe berechtigt.
Gegen diese Auffassung kann auch, soviel das sächsische Recht anlangt,
kein Bedenken aus dem Umstande hergeleitet werden, daß das letztere allerdings
in der Regel zur Erlangung der Scheidung wegen Quasidesertion nach ß 1731
a. E. B.G.B. die vollständige Durchführung des, in der Verordnung vom 9. April
1836, ß 19 Abs. 2 geordneten Zwangsverfahren erfordert, vorliegend aber die
Vollstreckung der der Beklagten angedrohten Haststrafe nicht erfolgt ist. Denn
schon früher wurde in der sächsischen Praxis die thatsächliche Unmöglichkeit der
Durchführung des gesetzlichen Zwangsverfahrens im Quasidesertionsprozesse der
letzteren selbst wenigstens dann gleichgeachtet, wenn sie auch noch zur Zeit der Urtheils-
sällung bestand,
vergl. Wengler's Archiv für civilrechtl. Entscheidungen, Jahrg. 1878
S. 13 flg.
Durch die neue Fassung des 8 774 (jetzt § 888) der C.P.Q. und des § 16 des
Einf.-Ges. zu letzterer, wie solche durch das Rcichsgesetz vom 17. Mai 1898 er-
folgt ist, wird aber die fernere Durchführung jenes Zwangsverfahrens überhaupt
ausgeschlossen, rc.

Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer