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Wechselprozeß. Nachverfahren.
rechtskräftig gewordenen Wechselurtheils auf Antrag des Beklagten eingeleitet wor-
den ist, eine Einrede gegen die Legitimation des Klägers noch rechtlich zulässig sei.
Allein der Revisionskläger bestreitet die Zulässigkeit dieser Einrede mit Unrecht.
Das Nachverfahren, wie es in der Civilprozeßordnung ausgebildet ist, hat den
ausgesprochenen Zweck, durch die Fortsetzung deS Rechtsstreites im ordentlichen
Verfahren dem Beklagten die Möglichkeit zu gewähren, etwa verkürztes materielles
Recht zur Geltung zu bringen; zu diesem Zweck bleibt der Rechtsstreit im ordent-
lichen Verfahren anhängig. Es sind demnach nur solche Einreden nicht mehr zu-
lässig, welche im Wechselprozeß aus Rcchtsgriinden bereits verworfen worden sind,
nicht aber andere Einreden, seien sie im Wechsclprozeß bereits vorgebracht, aber
nicht mit zulässigem Beweise vertreten gewesen, oder seien sie überhaupt noch nicht
vvrgebracht worden. Da das Nachverfahren den Charakter der Prozeßfortsetzung
hat, macht es auch keinen Unterschied ob die die im Nachverfahren vorgebrachte
Einrede zur Zeit der Erlassung des Vorbehaltsurtheiles bereits begründet war,
oder ob sie erst nachher entstanden ist.
Rehbein, Deutsche Wechselordnung S. 185 flg., Fitting, Civilprozeß,
8. Aust. S. 626, Begründung der C.P.O. zu §§ 537—539 des Ent-
wurfs, Abs. I, 4; Gruchot, Beitr., Bd. 39 S. 1149; Reichsgericht,
I. 436/83, Urtheil vom 29. Dezember 1883 in Entsch. des R.G.'s,
Bd. 14 S. 105; Seuffert's Archiv, Bd. 37 Nr. 349.
Es besieht demnach kein gesetzliches Hinderniß, welches es dem Beklagten
verbieten würde, nach eingetretener Rechtskraft des Vorbehaltsurtheiles im Nach-
verfahren einen Einwand aus der Thatsache herzuleiten, daß der Kläger nicht
mehr Inhaber des Wechsels und zu - einem Ansprüche aus demselben nicht
mehr legitimirt ist. Denn nur dem Wechselinhaber steht das Forderungsrecht zu,
und deshalb muß der Kläger den Einwand, daß er nicht mehr legitimirt sei, auch
im Nachverfahren gegen sich gelten lassen, wenn er in Folge eines Ereignisses,
welches in seinen Beziehungen zu dem Beklagten gegen ihn rechtswirksam ist, den
Besitz des Wechsels verloren hat. So aber liegt die Sache hier. Der Kläger
giebt zu, daß er nicht mehr im Besitze des Wechsels ist und daß er den Besitz
nicht verloren hat durch Diebstahl eines Dritten oder unrechtmäßige Handlungs-
weise des Beklagten, sondern durch seine eigene freiwillige Handlung, indem er
im Regreßwege gegen Zahlung der Regreßsumme den Wechsel an den Aussteller
und Blankoindossanten zurückgab. Andrerseits aber ist festgestellt, daß dem Letz-
teren im Wege der Zwangsvollstreckung auf Grund eines rechtskräftigen Urtheiles,
welches dem Beklagten das Recht gab, die Herausgabe dieses Wechsels zu ver-
langen, durch den Gerichtsvollzieher der streitige Wechsel abgenommen und dem
Beklagten ausgehändigt wurde. Dieser befindet sich sohin im rechtmäßigen, durch
gerichtliches Urtheil ihm zugesprochenen Besitze des Wechsels, während der Kläger
seine Legitimation verloren hat. Bei dieser Sachlage hat der Berusungsrichter