Full text: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 12 (1848))

474 Reysche r; Die deutsche National-Versammlung.
theilS offen entgegentrat, theils sie nur als „gesetzlichen Schein"
benutzte, um mittelst ihrer das Ziel der Revolution, den Umsturz
der gesellschaftlichen Grundlagen, desto gewisser zu erreichen. Auch
die konstitutionelle Partei war mit Manchem nicht einverstan-
den; aber sie hoffte von einer künftigen Revision auf verfassungs-
mäßigem- Wege Läuterung; sie hoffte namentlich, wenn nur einmal
der größere Theil von Deutschland staatlich verbunden, daß dann
auch noch Oesterreich hinzutreten würde. Diese Partei der Deutsch-
gesinnten hätte durch die Kraft der öffentlichen Meinung gesiegt,
wäre nicht die Umsturzpartei, welche durch die Uebelberathenheit
der Kabinette neuen Boden gewann, jenem Siege— bezeichnend
genug — gerade in denjenigen Ländern entgegengetreten, wo der-
selbe am sichersten schien. So ward die deutsche 9devolution zwar
mit Hülfe der bewaffneten Macht für den Augenblick besiegt, aber
sie ist darum nicht beseitigt, weil der Grund derselben noch fort-
dauert, und sie wird um so gewisser wiederkehren, je mehr die Un-
zufriedenheit durch neue Verletzungen des nationalen Ehrgefühls
immer wieder Nahrung erhält.
Leider hat auch die Nationalversammlung zu verschiedenen
Malen, wo die Macht und das Schicksal des Volks in ihren Hän-
den lag^ nicht verstanden, die deutsche Ehre zu retten, und das
Volk hat sich deshalb unwillig von ihr abgewandt» Wie hätte es
ihr gelingen sollen, noch in dem Volke eine Stütze zu finden, als
sie, zu einem Rumpfe zusammengeschmolzen, allen Begriffen von
politischem Ansehen und staatlicher Gewalt entgegen sich als Klubb
organisirte! Es war ein drückendes Gefühl für diejenigen, welche
treu das Wohl des gemeinsamen Vaterlandes im Herzen tragen,
sich von dem Reste der deutschen Volksvertretung abwenden zu
müssen; aber auf dem Standpunkte, welchen die noch übrigen
Männer der Nationalversammlung ihrer Mehrheit nach einge-
nommen hatten, blieb einer Landeöversammlung keine andere Wahl,
als das Land von dem Bürgerkrieg und der daraus folgenden
fremden Herrschaft frei zu erhalten und so wenigstens die Selbst-
bestimmung im eigenen Hause zu retten, wenn auch die Freiheit im
großen Ganze« noch nicht möglich sein sollte.

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