Full text: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 12 (1848))

Beitrag zur Lehre von den Familienfideikommissen. 805
der That angeordnet hat, sich lediglich auf die berufene agnatische
Freundin (Verwandte) beschränke, oder sich auch auf die Descen-
denz erstrecke. Zwar habe der Stifter dieser Descendenz nirgend
ausdrücklich gedacht, auch fei es nicht richtig, wenn der Appellations-
richter gemeint habe, daß der Stifter durch die im Eingang seiner
Verordnung gebrauchten Worte die Agnaten und die Cognaten ne-
ben einander gestellt habe, und nur die Agnaten vornehmlich habe
bedenken wollen, denn prosapia bedeute nur überhaupt »familia et
generatio;« allein mit Recht habe er eine Berufung der weiblichen
Nachkommen in dem letzten oben bereits besprochenen Passus gefun-
den. Mit den Worten: „es solle die Verordnung auf die älteste
Freundin stammen und fallen," habe er ausdrücken wollen, daß in
Absicht ihrer die ganze Verordnung zur Anwendung gebracht wer-
den, und daß dieß „obangezeigtermaßen" geschehen solle, könne —
nur bedeuten: „nach der vorher bestimmten Süccessionsordnung." —
Es wird insbesondere auch die Bedeutung, die der Appellationsrich-
ter dem Worte „stammen und fallen" beigelegt hat, gebilligt, da
man aus dem Gebrauch desselben in der Urkunde selbst ersehe, daß
der Stifter des Fideicommisses damit habe das Fallen an einen
Stamm, hier also an die Freundinen und ihre Nachkommen aus-
drücken wollen. In dem Gutachten der Breslauer Iuristen-Fakul-
tät sei zwar behauptet, daß stammen weiter nichts bedeute, als
daß Jemand von seinem Stamm, vermöge seiner Abstammung et-
was erhalte; allein dieses Gutachten könne bei der zum Besten der
Universität Breslau in dem Testament des Bernhard von Waldau
geschehenen Erbeseinsetzung nur den Werth (?) einer Parteischrift
haben.
So die Entscheidungsgründe des Unheils in höchster und letz-
ter Instanz! Nach den bereits vorausgegangenen Erörterungen
können wir uns aber auf einige wenige Bemerkungen über die-
selbe beschränken. Wenn davon ausgegangen wird, daß die Fidei-
commißurkunde die eigentliche Entscheidungsnorm für die über die
Succession sich erhebenden Streitigkeiten ist, und selbst allgemein ge-
setzlichen Vorschriften, wenn dergleichen vorhanden wären, vergehen
müßte; — so ist dieß ein Satz den, allgemein hingestellt, wohl Nie-
manden zu bestreiten einfallen möchte, welcher aber doch nur dann
zur Anwendung gebracht werden kann, wenn der Stifter des Fidei-
commisses seine Willensmeinung mit solcher Bestimmtheit und Klar-

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