Full text: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 12 (1848))

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Wilda:

die Cognaten zur Succession berufen werden, nur die Töchter, und
gar nicht auch ihre Nachkommen erwähnt werden. Wir dürfen hier
nur auf die Beispiele in I. I. Moser, Familienstaatsrecht (Bd.II.
S. 857. 868. 874. 892) verweisen. Dieß tritt aber so mehr her-
vor, wenn der Stifter erwarten mußte, wie es hier der Fall ist
(wo mehrere männliche Linien vorhanden waren), daß nach Abgang
des Mannsstammes die Stammmütter der nächst berufenen cognati-
schen Linie, „die nächste Freundin," gar nicht mehr am Leben sein
würde. Dennoch drückt er sich so aus, daß man annehmen muß,
er habe nur an die Möglichkeit der Succession solcher Freundi-
nen selbst gedacht. Wäre es sein Wille gewesen, daß das Fidei-
commiß an die ihm zunächst stehende weibliche Linie hätte kommen
und in dieser sich fort vererben sollen, so würde es aus dieser, die
sich durch Männer und Weiber fortpflanzt, nicht so leicht wieder her-
ausgekommen sein, und von einem „alle Wege an die Aelteste stam-
men und fallen" hätte wohl nicht die Rede sein können. Der Stif-
ter forderte von den „von vier Ahnen adlichen Geschlechts stammen-
den Freundinen, auch nur ein sittliches, den Namen nicht schänden-
des Verhalten — „daß sie sich ehrlich verhalten und ihrem Stam-
me gemäß sich ehrlich verheirathen." Davon, daß wenn sie zur
Ehe schreiten würden, dieß mit Männern, die ein adeliges Geschlecht
im Sinn des Verfassers fortsetzen konnten, geschehen solle, ist nicht
die Rede.
Das Urtheil zweiter Instanz wurde indeß durch ein Erkenntniß
des geheimen Obertribunals vom 10. August v. I. bestätigt. Der
hohe Gerichtshof erklärte zuvörderst, „daß die Stiftungs-Urkunde als
eigentliche Entscheidungsnorm für den vorliegenden Rechtsstreit an-
gesehen werden müsse." Sie würde selbst allgemein gesetzlichen
Vorschriften vergehen, wenn solche im gemeinen Recht für die Suc-
cession in deutsche Familienfideicommisse, wie es nicht der Fall ist,
vorhanden wären. „Auch die Meinungen der Rechtsleh-
rer können für die Richter kein entscheidendes Gewicht
haben." Nähme man aber auch, wie der erste Richter, den von ih-
nen aufgestellten Satz, daß bei adeligen Familienfideicommiffen die
Präsumtion gegen cognatische Familienfideicommisse spreche, für rich-
tig an, so reiche er doch immer zur Entscheidung der Frage nicht
hin, auf die es hier eigentlich ankommt, ob «nämlich die weibliche
Succession, welche der Stifter beim Abgang des Mannsstammes in

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