Volltext: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 12 (1848))

Beitrag zur Lehre von den Familienfideicommissen. 189
mer mehr annähernden Landeshoheit erweiterte, und die Unveräußer-
lichkeit und Untheilbarkeit des Besitzthums jener Familien nun Lan-
desinteresse wurde; daher die Landstände nicht selten bei jenen Fa-
milienanordnungen mitgewirkt haben. Was übrigens in einzelnen
Familien und Kreisen durch ausdrückliche Satzungen bestimmt wurde,
mochte sich in anderen auch bei gleich wirkenden Bedürfnissen durch
Herkommen gestalten. Als das römische Recht im 15. Jahrhundert
seine Herrschaft befestigt hatte, hatte sich für den Herrenstand bereits
ein Inbegriff von Grundsätzen über Erbrecht und damit zusammen-
hängende Familienverhaltnisse gebildet, welche die Grundlage eines
sich immer fester gestaltenden Standesrechts ausmachten, das nach-
mals mit dem Namen Privatfürstenrecht bezeichnet wurde. Es wurde
dieses durch Familienwillküren weiter ausgebildet oder bestimmter zum
Bewußtsein gebracht und festgestellt"). Dem hohen Adel konnte bei
der Stellung, die er bereits im 15. Jahrhundert gewonnen hatte und
immer entschiedener einnahm, das römische Recht keine Gefahr mehr
bringen. Anders war dieses aber bei dem niedern Adel, und zwar
insbesondere dem Theil, welcher sich der Landsässigkeit nicht zu ent-
ziehen vermocht hatte. Mit dem bestimmten sich ausbildenden Unter-
thanenverhältniß trat auch der Grundsatz hervor, daß er in allen
seinen privatrechtlichen und somit auch seinen Familienverhältnissen
dem gemeinhin im Lande geltenden Recht unterworfen sei, und die-
sem sich conformiren müsse. Die Ritterschaften erhoben zwar nicht
selten Klagen und Beschwerden darüber, daß man sie unter das rö-
mische Recht bringen wolle; aber es gelang ihnen doch nur selten
oder sehr unvollkommen, sich dessen zu erwehren, wenn ihnen nicht,
wie es hie und da in Beziehung auf einzelne Gegenstände geschah,
die Landesgesetzgebungen zu Hülfe kamen oder die Juristen ein römi-
sches Geschäft oder eine römische Form fanden, der sie das als her-
kömmlich behauptete Recht unterstellen konnten, oder die sich für die
nothwendig erachteten Anordnungen benutzen ließ. Der Mangel an
einer gründlicheren Erkenntniß der Verschiedenheit des römischen und
deutschen Rechts kam hier zu Hülfe, und erleichterte es den Juristen,
sich mit ihrem civilistischen Gewissen abzufinden, um für Rechtsver-
hältnisse, die dem römischen Leben fremd waren, eine Rechtfertigung

11) S. meinen Aufsatz über den Bentink'schen Erbfolgestreit im Hl.
Bd. dieser Zeitschrift S. 229 f.

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