Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 13 (1903))

du Chesne^ Die Verurteilung des Ehemanns zur Duldung rc. 5
rechtliche ist, so kann auch die des Ehemanns keine solche sein. Er ist ja
nur verpflichtet, die Zwangsvollstreckung in das Vermögen der Ehefrau,
soweit es ihm eingebracht ist, mitzudulden, er darf sich dem Eingriffe des
Staats in das Vermögen der Ehefrau ebensowenig widersetzen wie diese,
ja noch weniger, da er ja nur an fremdem Gut berechtigt ist, während die
Frau das eigene Recht ausübt. Wie sollte er auch in unserm Beispiels-
falle zu einer privatrechtlichen Verpflichtung kommen? Die Darlehnsfor-
derung des Gläubigers richtete sich vor der Ehe jedenfalls nur gegen die
Ehefrau. Durch die Eheschließung aber wurde der Ehemann nicht etwa
Mitverpflichteter; er erlangte vielmehr am Einbringen der Ehefrau von
vornherein nur so viel Recht, daß es dem Befriedigungsrecht der Gläubiger
nicht entgegenstand (B.G.B. 88 1411 ff.). Konnte daher die Ehefrau dem
Staatseingriffe nicht wehren, so kann er es noch weniger. Kurz: Die Norm,
daß der Ehemann die Befriedigung der Gläubiger aus dem eingebrachten
Gute der Frau geschehen laffen muß, ist nur eine, seine absolute Rechts-
sphäre abgrenzende Norm, nicht die Setzung einer privatrechtlichen Ver-
pflichtung. Das erhellt sofort, wenn wir einen Schritt weiter gehen. Der
Gläubiger hat einen zum Einbringen gehörigen Gegenstand gepfändet und
damit einen privatrechtlichen Anspruch gegen die Frau erworben, daß diese
die Verwertung dulde. In diesem Augenblicke stoßen auch die absoluten
Interessen, die Rechtssphären, des Gläubigers und des Ehemanns auf-
einander. An demselben Gegenstände steht jetzt dem Gläubiger das Pfand-
recht, dem Ehemann das Nutznießungsrecht (und der Ehefrau das Eigen-
tum) zu. Jetzt erlangt der Gläubiger, wie gegen die Ehefrau einen
privatrechtlichen Anspruch aus Duldung der Verwertung und Befriedigung,
so auch gegen den Ehemann den gleichen Anspruch. Drei Rechtskreise be-
rühren sich in demselben Gegenstände. Dann aber ist das Recht der Staats-
gewalt, den Gegenstand in den Rechtskreis des Gläubigers erst einzubeziehen,
ihm ein Privatrecht an dem Gegenstände zu schaffen, kein Privatrecht des
Gläubigers, und daher die gegenüberstehende Pflicht der Eheleute, diese
Einbeziehung zu dulden, keine Privatrechtliche Pflicht.
Wenn dem nun so ist, so spricht das Urteil: „Der Ehemann
wird verurteilt, die Zwangsvollstreckung in das Einbringen der Ehe-
frau zu dulden," keine Feststellung einer privatrechtlichen Pflicht und
kein Gebot, einer solchen Pflicht zu genügen, aus. Es sagt dann nur
dasselbe, wie etwa folgende Klausel: das Urteil ist gegen die Ehefrau
und, soweit eingebrachtes Gut zur Zwangsvollstreckung gezogen werden
soll, auch gegen den Ehemann vollstreckbar. Dann ist es aber kein Urteil
im gewöhnlichen Sinne, wie das Leistungsurteil gegen die Ehefrau,
sondern nur eine Erweiterung der Vollstreckungsklausel in Urteils-
form.

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