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Fuld, Fabrik und Werkstätte.
Anbahnung und Abwicklung geschäftlicher Beziehungen mit einem größern
Kreise von Lieferanten, Kunden und sonstigen Beteiligten, insbesondere
also auch durch Inanspruchnahme und Gewährung von Kredit und Wechsel-
verkehr rc. bedingt. Ein Betrieb, welcher diese Merkmale ausweist, ist
zweifellos registerpflichtig; er wird auch vielfach sich als fabrikmäßiger
darstellen, aber unbedingt notwendig ist dies nicht und gerade bei der
Konfektion kommt es vor, daß unbeschadet der Registerpflicht die Kriterien
des Handwerks gegeben sind. Wie dieses Moment so kann auch die Zu-
gehörigkeit eines Betriebs zu der etwa bestehenden Innung für den Richter
kein bedingungslos maßgebendes Kriterium bilden, da bekanntlich einer-
seits den Innungen zahlreiche Betriebe zugeteilt sind, welche zweifellos als
Fabriken zu erachten sind, anderseits aber solche bei ihnen fehlen, die
ungeachtet eines großen Umfangs und Absatzes ° den handwerkmäßigen
Charakter bewahrt haben. In Verbindung mit den oben hervorgehobenen
Momenten kann wohl auch die Verwertung der beiden zuletzt erwähnten
erfolgen, aber zu unrichtigen Ergebnissen muß es führen, wenn der Richter
seine Entscheidung in der Hauptsache aus das eine od'er andere stützt, wie
dies vorgekommen zu sein scheint, wenn schon nur vereinzelt.
Die Beschaffenheit eines Betriebs darf ebensowenig als genügende
Voraussetzung für die Annahme des Fabrikcharakters dienen, wie die Be-
zeichnung desselben. Der allgemeine Sprachgebrauch ist auch in dieser
Hinsicht nicht konstant; Betriebe werden in den verschiedenen Teilen des
Reichs Fabriken genannt, denen die juristische Beurteilung diesen Charakter
nicht beilegen kann. Die Entscheidung der zweifelhaften Fälle wird daher
nur dann das Richtige treffen, wenn sie sich stets vergegenwärtigt, daß nur
das Zusammentreffen der im obigen ausgezählten Momente die Grundlage
für den Fabrikbegriff bildet. Die Erwägung, daß diese Interpretation
die Zahl der Betriebe der Konfektions- und Wäscheindustrie etwas einengt,
welche den Schutzbestimmungen unterstellt sind, ist nicht im stande, eine
andere Auffassung des Fabrikbegriffs herbeizusühren. Bei aller Anerkennung
der verschiedenen Gebieten ungehörigen Unzuträglichkeiten, welche sich aus
dem bestehenden Rechtszustande ergeben, sowohl für die Arbeiter als auch die
Betriebsunternehmer, für welche insbesondere die Rechtsunsicherheit ein
Nachteil ist, kann die Rechtsübung sich doch nicht für berechtigt halten, der
Anwendung des geltenden Rechts eine Auffassung des Fabrikbegriffs zu
Grunde zu legen, welche mit der Doktrin und Praxis einerseits in Wider-
spruch stehen, anderseits aber zu einer Verwischung der Grenzen zwischen
Fabrik und Handwerk führen würde, die seitens des Gesetzgebers aufrecht
erhalten worden sind. Es gibt nur ein Mittel, um die bestehenden
Schwierigkeiten zu beseitigen, nämlich die Änderung der Verordnung des
Bundesrats von 1897 in der Weise, daß die Worte „Herstellung im