Full text: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 15 (1855))

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Köstlin:
Voraussetzung eines entschieden dolosen Handelns49), und hie und
da sogar nur unter der Voraussetzung anderweitig erschwerender
Umstände, namentlich der Begehung vor dem Gericht 47), oder nach
gebotenem Frieden u. s. f.
Dieser Unterschied tritt aber besonders prägnant hervor, wo
es sich nicht blos um Buße und Wette oder eine der Geldbuße zu
substituirende anderweitige öffentliche Strafe, sondern wo es sich
gerade um eine eigenthümliche Injurienstrafe handelt.
Zwar lassen alle neueren Kriminalisten die eigenthümlichen Jn-
jurienstrafen des deutschen Rechts vielmehr aus dem kanonischen
Rechte hervorgehen, oder wenigstens (auf Grimmas Autorität
hin) nur nebenbei auch mit aus dem germanischen (?) Recht49).
Allein auch hier liegt der communis opinio nur wieder offenbare Un-
kunde zu Grund. Der Sachsenspiegel allerdings enthält über
Widerruf, Abbitte und Ehrenerklärung nichts, und von den säch-
sischen Rechten wird es wohl überhaupt als Regel gelten müssen,
daß sie strenger Bestrafung der Ehrverletzung nicht günstig waren,
wie es denn in den Etat, von Eisenberg 1563 (1610) heißt:
daß der Injuriant dem beleidigten Theil vor Gericht 'und
sitzendem Rath einen öffentlichen Widerruf thun und hier-
über ... in ernste Strafe genommen werden soll, und auf
solchem Falle sich mit der geringschätzigen Strafe der
Sächsischen Rechte nicht zu behelfen habend).
Das Rechtsbuch nach Distinkt.51) wiederholt nur eben
die Stelle des Sachsenspiegels II. 16, 8. Das sächs. Weich-
bild sagt geradezu:
War wort geschien under enander ane werk, und nicht vor
gerichte vor gehegeder bank, dat is allet mit weider to dune,

46) Nordh. Stat. 1300 Art. 167. Oesfn. von RomanShorn 1469
Art. 53 (Schauberg, thurg. RechtSqu. S. 67).
47) Soest. Schrae Art. 92 (Seib. II. 397).
48) Nordh. Stat. 1300 Art. 166 j. 21. 43.
49) s. meinen Art. in der Zeitschr. für deutsches Recht XV. 176 n. 97.
Heffter §. 308. n. i. behauptet sogar positiv, die deutschen RechtS-
bücher des Mittelalters wüßten nichts davon!
50) Walch II. 253.
hl) (Ortloff) IV. s, 20.

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