Full text: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 15 (1855))

236 Köstlin: Die Ehrverletzung nach deutschem Rechte.
Werken ohne seine Schuld geschehe3^). Hierher gehören die Er-
furt. Etat. 1306 rc. 365).
Unter den Gesichtspunkt der exceptio veritatis fällt übrigens
auch die Nennung des Gewährsmanns bei einer als Gerücht nach-
gesprochenen üblen Nachrede. Auch dieses Moment ist im Rechte
des Mittelalters nicht unbeachtet geblieben. So sagt Ruprecht
II. 109:
Vas ist ob ain man auf den andern sait das jm an seinen
leunthenn oder an sein er get, da sol er sein ansagenn umb
stellen der jms gesagt! hat, unnd mag er sein nicht geha-
ben, er mues jm seinen schadenn abtuen.
Neben der exceptio veritatis wird die nominatio auctoris aufgeführt
in der oben angeführten Zürcher Rathsverordnung 3^), und zwar
wird hier bestimmt gesagt, daß die Schelt.worte auf Hörensagen
(als Gerücht) nachgeredet sein müssen 367). Den speziellen Fall,
wenn Jemand ausser Lands üble Nachreden von einem Andern ge-
hört hat, und solche unter Beobachtung gewisser Formen dem Na-
the kund thut, führt das Lüneburger Stadtrecht 1247 auf s®8)*
Nach allem Vorstehenden möge man denn beurtheilen, ob das
deutsche Recht im Gebiete der Ehrverletzung so dürftig war, wie
unsre Lehrbücher sagen! Diese bauen hier sammt und sonders nur
oder fast nur auf römisches Recht. Die Wahrheit ist aber, daß
das deutsche Recht das, was ihm im römischen Recht verwandt und
deßhalb brauchbar war, bereits hatte, das Uebrige dagegen stets
als fremdartigen und daher unbrauchbaren Stoff empfand, den
zwar die Doktrin bis auf unsre Tage für deutsches Recht ausgiebt,
Rechtspflege und Gesetzgebung dagegen stets mit gesundem Takt
von fich fern hielten.
(Der Schluß folgt im nächsten Hefte.)
364) 6. Brok. I. 90. II. 169* III. 10. vgl. Stat. von Padberg 1290
Art. 20 (Seibertz I. 524). Stat. v. Gera 1487 (Walch II. 109).
365) Art. 13 (Walch 1.104), sofern hier ein einträchtiglicher Schwur Seitens
des Raths verlangt wird.
366) bei Schauberg, zürch. RechtSqu. S.373 ob.
367) Indirekt gehört wohl auch die mehrf. oben angef. Stelle der Augsb.
Stat. bei Freyb. S. 68 hierher, sofern hier nur von der Bestrafung
des Urhebers der Berläumdung die Rede ist, f. noch bef. den Ge-
fchwornenbrief von Luzern 1252 (GefchichtSfreund I. 184).
368) Art. 44 (Dreher, Neben-. S. 379).

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