Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 2 (1892))

Neuere Entscheidungen des Reichsgerichts. 569
sollten. Die Klage wurde abgewiesen, Revision zurückgewiesen. Denn cs war
nicht erwiesen, daß zwischen dem Schenkgeber und der Pfarrgemeinde ein Einver-
ständniß über die Auflage erzielt war; namentlich fehlte es an einer vertrags-
mäßigen Willenserklärung des Vorstandes der Kirchengemeinde. Daß die Mehr-
heit der Mitglieder des Vorstandes die Auflage gekannt habe, genügte nicht, um
den Widerruf der Schenkung wegen Nichterfüllung der Auflage zu begründen.
Die Mehrheit der Mitglieder kann nur den Ausschlag geben, wenn sie in einer
ordnungsmäßig berufenen und abgehaltenen Sitzung ihren Willen erklärt. Das
war hier nicht der Fall. Außerhalb einer derartigen Sitzung kann nur der über-
einstimmende Wille sämmtlicher Mitglieder des Vorstandes als Wille des Vor-
standes gelten. Daß aber sämmtliche Mitglieder des Kirchenvorstands von der
Auflage Kenntniß erhalten, und mit dieser Kenntniß die Schenkung angenommen
hätten, lag nicht vor. III. 97/92 v. 5. Juli 1892.
8. Felix W. hatte auf den Namen der Bertha A., einer Nichte seiner Ehe-
frau, bei einer Gewerbebank über 16000 Mk. angelegt, von welchen Geldern im
Jahre 1887 noch 3621 Mk. ausstanden. Diese Restforderung hat die Bertha A.
einer Brauerei cedirt, und diese hat wider die Gcwerbebank auf Rückzahlung ge-
klagt. Die Gewerbebank hinterlegte das Geld, weil dasselbe noch von anderer
Seite beansprucht wurde. Nun erhob Felix W. Jnterventionsklage, indem er das
Geld für sich beanspruchte. Er führte aus, die Gelder, welche bei der Gewerbe-
hank auf den Namen der Bertha A. belegt seien, habe er auf deren Namen ein-
gezahlt. Sie seien ihm von seiner Ehefrau mit der Erklärung übergeben, daß
ihr diese Gelder von ihrer Schwester für Rechnung der Bertha A. übersandt seien.
In Wahrheit seien das seine eigenen Gelder gewesen, welche ihm seine Ehefrau
unter Dorwissen der Bertha A. zu dem Zwecke entwendet habe, sie für letztere
nutzbringend anzulcgcn. Er glaubte daraus den Anspruch ableiten zu können,
diß ihm der hinterlegte Betrag gebühre. Er wurde indessen mit seiner Jnter-
vmtionsklagc abgewiesen, und seine Revision zurückgewiesen. Denn der Kläger-
Hat den ihm ertheilten Auftrag damit erfüllt, daß er die ihm für Bertha A. ein-
gehändigten Gelder auf deren Namen bei der Gewerbebank belegte. Damit hat
er für die Bertha A. eine Forderung an die Gewerbebank begründet, und diese
Forderung ist auf die Brauerei durch Cession übergegangen. Woher jene Gelder
stammten, ist für.diese Frage ganz unerheblich. Aus dein von dem Intervenienten
behaupteten Thatbestandc würde sich nur ergeben, daß ihm eine Forderung auf
Lrsatz des ihm entzogenen Geldes zustehc, nicht auf Zuerkennung der Berechtigung
cuf eine Forderung, welche ihm nie zustand und welche er nicht für sich begründen
vollte. II. 133/92 v. 5. Juli 1892.

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