Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 2 (1892))

540

Literatur.

und im deutschen Reiche. Schließlich werden die Grundgedanken des neuen Gesetzes an der
Hand der Motive und der Inhalt desselben kurz dargelegt. Die Einleitung zu dem Haasschen
Kommentare kommt nur mit wenigen Worten auf die Vorgeschichte des Gesetzes, von dem
Entstehen der rheinischen Gewerbegerichte an, zu sprechen. Sie stellt dann den Rechtszustand
vor den Inkrafttreten des Gesetzes dar und schildert, wie damals 7 verschiedene Stellen zur
Entscheidung gewerblicher Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitern konkurrirten
Jnnungsschiedsgericht, § 97a Gew.O.; dasselbe gemäß 8 100k Gew.O. für Nichtinnungsmeister;
Schiedsgericht nach 8 120a Abs. 3 Gew.O.; landesgesetzlich zugelassene Gewerbegerichte;
Jnnungsspruchbehörde bei Lehrlingsstreitigkeiten, § 97 Gew.O.; dieselbe gemäß § 100 e Gew.O.
für Nichtinnungsmitglieder; endlich die Gemeindebehörde). Im Anschluß an einige kurze
Mittheilungen über das Zustandekommen des Gesetzes selbst wird hierauf eine Uebersicht über
den Inhalt desselben gegeben. Recht instruktiv klar und übersichtlich sind hier namentlich die
Darlegungen über die Zuständigkeit des Gewerbegerichts und deren Abgrenzung von den
Zuständigkeiten der Jnnungsschiedsgerichte, der Innungen, der nach § 14 Nr. 4 des Gerichts-
verfassungsgesetzes zugelassenen Gewerbegerichte, der Gemeindevorsteher, endlich der ordent-
lichen Gerichte. Bei der Besprechung des Verfahrens hebt der Verfasser die Abweichungen
desselben von dem amtsgerichtlichen Verfahren nach der C.P.O. hervor und trägt hierdurch
wesentlich zur Klärung dieser Materie bei. Als Anhang gebenkdie Kommentare von Wilhelmi
& Fürst und Schier die bereits erwähnten „Vorschläge zur Aufstellung von Orts- (Kreis- Pro-
vincial-) Statuten für Gewerbegerichte, ersterer Kommentar mit Anmerkungen. Haas giebt
3 Anhänge: der erste enthält den Abdruck sämmtlicher für das Verfahren geltenden Bestim-
mungen der E.P.O.. wodurch zwar der Umfang des Werkes wesentlich vergrößert, aber dessen
Brauchbarkeit sehr erhöht wird; der zweite Anhang bringt einige Beispiele für Urtheile des
Gewerbegerichts, der dritte endlich zwei preußische Ausführungsverordnungen.
Die Kommentare selbst sind ausführlich und gründlich, benutzen erschöpfend die vor-
handene Litteratur und können sämmtlich als gute und brauchbare Wegweiser bezeichllet werden.
Am ausführlichsten ist das Wilhelmi und Fürstsche Werk. Im wesentlichen kommen alle drei
Bearbeiter zu den gleichen Resultaten, und man wird sich daher jedem von ihnen ohne Be-
denken überlassen können. Nur in verhaltnißmäßig wenigen Punkten gehen die Ansichten der
Kommentatoren auseinander. Einige derselben seien kurz erwähnt.
Die Frage, ob Arbeiter, welche in einer lediglich einer Eisenbahnunternehmung
(auf deren Betrieb die Gew.O. nach deren 8 6 keine Anwendung leidet) dienenden Reparatur-
werkstatt, Waggonfabrik u. dgl. beschäftigt sind, sowie die beim Eisenbahnbetriebe be-
schäftigten Arbeiter zu den Arbeitern im Sinne des Gesetzes vom 29. Juli 1690 gehören,
wird von Schier (Anm. 2 zu 8 2) unter Berufung auf den Kommissionsbericht und die Reichs-
tagsverhandlungen bejaht. (Ebenso von Stein, Anm. 1 zu 8 2). Richtiger dürste die Meinung
von Haas sein (Anm. 14 zu 8 2), der ausführt, daß jene lediglich der Eisenbahnunternehmung
dienenden Betriebe nur ein Theil der Eisenbahnunternehmung seien, so daß die daran be-
schäftigten Arbeiter nicht Arbeiter im S. der Gew.O. und des G.G. seien. Selbst wenn
Bundesrath und Reichstag die Absicht gehabt hätten, die Arbeiter in jenen Betrieben den
Gewerbegerichten zu unterstellen, so habe dieser Wille doch nicht seinen Ausdruck im Gesetze
gefunden. Wilhelmi und Fürst (Anm. 1 zu 8 76) wollen die Arbeiter in Reparaturwerk-
stätten, Wagenbauanstalten, kurz die Arbeiter des inneren Betriebes im Gegensatz zu denen
im äußeren, dem Streckenbetriebe, unter das gegenwärtige Gesetz fallen lassen, da durch 8 6
der Gew.O. der Gewerbebetrieb der Eisenbahnunternehmungen nicht schlechthin, sondern aus
dem Gewerbebetrieb dieser Unternehmungen als Verkehrs an st alten der Regelung durch
Specialgesetze u. s. w. Vorbehalten sei. 8 6 der Gew.O. nimmt aber nach seinem klaren Wort-
laute den „Gewerbebetrieb der Eisenbahnunternehmungen" von den Bestimmungen der Gew.O.
schlechthin aus, und dürste sich daher jene Unterscheidung wohl kaum rechtfertigen lassen.

Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer