Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 2 (1892))

Äeuere Entscheidungen des Reichsgerichts.

Ü68
ging,, daß effektive Lieferung ausgeschlossen sein sollte, lagen reine Differenzgeschäfte
vor. Die Annahme eines derartigen Vertragswillens war ansreichmd begründet.
K.'s Wille ist aus seiner eigenen Aussage und der Korrespondenz ermittelt.. Der
Klägerin ist das aus dem Inhalt der Auskunftsschreiben erkennbare Mißverhältniß
zwischen den verhandelten Quantitäten und dem Gewerbebetriebe der angeblichen
Mandanten und die Thatsache entgegengehalten, daß unmittelbare Deckungsgeschäfte
niemals gemacht sind, von den zahlreichen Geschäften kein einziges durch wirkliche
Lieferung erledigt, vielmehr die Abwickelung durchweg durch Belastung mit der
entsprechenden Kursdifferenz erfolgt ist. Die entgegenstehende Bestimmung der
zwischen den Parteien gewechselten Schlußscheine, daß „effectiv zu liefern" sei, ist
unbeachtet geblieben, weil angenommen wurde, daß dadurch mit Rücksicht auf die
zum Mindesten der Klägerin bekannte Rechtsprechung der wahre Charakter der
Geschäfte habe verschleiert werden sollen. III. 21/92 v. 6. Mai 1892.
6. Laut Schlußscheines vom 13. Mai 1890 hat Klägerin durch eine Ber-
liner Firma 100 Tonnen Weizen, lieferbar Ende Juni oder Juli 1890 zum
Preise von 200 Mk. 75 Pf. per Tonne nach dem Berliner Börsenbeding-
ungen verkauft. Am 12. Juli 1890 hat sie 50 Tonnen zu 218 Mk. bei der-
selben Firma gekauft und weitere 50 Tonnen wurden am 31. Juli 1890 zu
231 Mk. gedeckt. Klägerin behauptete, an dem Geschäfte habe sich Beklagter zur
Hälfte betheiligt, und verlangte Zahlung des ihn treffenden AntheilS an dem Ver-
luste. Vom Beklagten wurde eingcwendet, es siege ein reines Differenzgeschäft vor.
Das R.G. führt aus: „Daß nicht ein klagloses Spielgeschäst Gegenstand des in
der Klage behaupteten Vertrages gewesen sei, wird im Berufungsurtheile einmal
daraus gefolgert, daß, wie unter Eid gestellt ist, die Vereinbarung zwischen den
Parteien dahin gegangen sei, daß der Verkauf des Weizens an der Berliner
Börse gemäß den dortigen Usancen für gemeinschaftliche Rechnung geschehen
solle und sodann daraus, daß unbestrittenermaßen die Klägerin der Berliner
Firma in gleicher Weise den Auftrag zum Verkauf ertheilt habe. Die weitere
Annahme des Berufungsgerichts, daß bei den nach den Berliner Börsengewohn-
heiten abgeschlossenen Termingeschäften die effective Lieferung vorgesehen sei, wird
von der Revision nicht beanstandet, sondern nur gerügt, daß nicht gleichwohl auf
den Delateid der Klägerin über deren vom Beklagten behauptete Aeußerung er-
kannt worden sei:
„Ich habe 100 Tonnen Weizen verkauft. Wollen Sie sich daran bethei-
ligen. Wir können viel Geld damit verdienen, denn ich habe schon über 15000 Mk. -
Differenzen erhalten. Augenblicklich habe ich Roggen verkauft und habe heute
auch schon schöne Differenzen zu fordern. Ich verstehe Nichts vom Weizen,
Sie brauchen auch Nichts davon zu verstehen, wir brauchen keinen Speicher,
denn wir nehmen ja kein Getreide ab, wir lassen uns nur Differenzen be-
zahlen." ..
Diesen Worten der Klägerin konnte das Berufungsgericht nicht nur um

Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer