Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 8 (1898))

Abschnitt 1 bis 6.

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oder theilweise an oder crtheilt er Stundung, so liegt hierin ein Verzicht auf das
Rücktrittsrecht. Nur bei der kassatorischen Klausel, wenn der Schuldner bloß der
Rechte für die Zukunft verlustig sein soll, gilt das Verlangen oder die Annahme
der bis zum Eintritte der Rechtsverwirkung verfallenen Leistungen nicht als Ver-
zicht. Daran knüpfen sich viel Zweifel an. Noch der I. Entwurf (§ 431) ent-
hielt eine gleichartige Bestimmung. Nichts von dem finden Sie im R.G.B.
Gewiß kann in der Erfüllung, in dem Erfüllungsverlangen und in der Annahme
der Leistung, wenn sich dabei der Gläubiger der eingetretenen Rechtsverwirkung
bewußt ist, zumeist ein Verzicht gefunden werden. Aber die Umstände können
auch eine andere Auffassung rechtfertigen. Deshalb soll der Richter freie Hand
behalten. —
Ich komme jetzt zu dem dritten Abschnitte „Erlöschen der Schuldverhältnisse."
In vielfacher Beziehung ist von der Erfüllung der Schuld schon früher die
Rede gewesen. Es ist nur Weniges nachzutragen.
An den Gläubiger muß die Leistung geschehen (8 362). Natürlich steht
die Leistung an den mit Vertretungsmacht ausgestatteten Vertreter des Gläubigers
gleich. Geschieht die Leistung an einen Dritten, so ist sie wirksam, wenn der
Gläubiger einwilligt. Dahin gehört meistens der Fall des sog. solutionis causa
adjectus, der Gläubiger sagt zum Schuldner, ich bin einverstanden, wenn Sie
das Geld zur Verfallzeit an das Bankhaus X zahlen. Unser G.B. (§ 692)
enthält Auslegungsregeln über den Wegfall der Nebenbestimmung, wenn der
Zahlungsempfänger stirbt oder wenn aus die Leistung geklagt wird. Das neue
Recht erwähnt den Zahlungsempfänger mit keinem Worte, es kommt alles auf die
Umstände an. Die ohne Einwilligung des Gläubigers an einen Dritten er-
folgte Leistung ist zwar nicht von vornherein wirksam, sie wird' es aber, wenn der
Gläubiger sie genehmigt oder wenn er den Dritten beerbt und das Jnventarrecht
erlischt. Beachten Sie dabei: Die Konvalescenz hängt nicht, wie nach römischem
Recht, davon ab, daß der Gläubiger zur Zeit der Beerbung des Dritten um das
von dem Dritten Empfangene noch bereichert ist. Der Schuldner zahlt z. B. an
die Witwe Müller, weil er diese für seine Gläubigerin hält. In Wahrheit ist sein
Gläubiger ihr Sohn. Beerbt der Sohn später die Mutter, so muß er die Zah-
lung rückwärts gegen sich gelten lassen, selbst weim die Mutter die empfangene
Summe seiner Zeit sofort an einen Dritten verschenkt hätte. Unser sächs. G.B.
(8 691 a. E.) hebt noch besonders hervor, daß es der Erfüllung gleichstehe,
wenn der Dritte das Empfangene dem Gläubiger zukommen läßt. Der Satz gilt
fort, obschon das R.G.B. schweigt.
An den Gläubiger kann die Leistung auch ohne Zuthun des Schuldners
mit Erfüllungswirkung gelangen, sog. concursus duarum causarum lucrativarum.
Wann das der Fall sei, überläßt das neue Recht, wie schon das sächsische, der
Wissenschaft. Ich will nicht näher darauf eingehen.
Die geschuldete Leistung muß an den Gläubiger bewirkt werden. Darin
Archiv für Bürgerl. Recht und Prozeß. VIH. 46

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