Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 8 (1898))

720 Otto, Das Recht der Schuldverhaltnisse des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
nicht bloß sein eigenes Verschulden zu vertreten, sonder» auch das seiner Gehiilfen
Md seines gesetzlichen Vertreters, sowie das Verschulden der dritten Person, an
die der Gegenstand in Folge einer rechtlichen Verfügung — Veräußerung, Be-
lastung — oder in Folge von Zwangs- oder Arrestvollstreckung oder von Konkurs
gelangt ist. Auch für eine Umgestaltung der Sache durch eine dieser Personen
steht der Rücktrittsbcrechtigle so ein, wie wenn er sie selbst vorgenommen hätte.
Für sich allein hindert eine rechtliche Verfügung über den Gegenstand den Rück-
tritt poch nicht. Denn der Berechtigte ist möglicher Weise in der Lage, sich den
Gegenstand unversehrt und unbeschwert zum Zwecke der Rückgabe von dem Dritten
wieder zu verschaffen oder den gepfändeten Gegenstand einzulösen. Gelingt ihm
das allerdings nicht, so wird er mit der Rückgabe in Verzug gerathen. Sein
Rücktritt kann dann vom Gegner dadurch unwirksam gemacht werden, daß dieser
ihm wegen des Verzugs eine Ansschlußfrist zur Rückgabe setzt. Nach sächsischem
Recht <§‘ 918) ist die Wandelung schon ausgeschlossen, wenn der Berechtigte über
die Sache, verfügt hat und sie sich deshalb nicht wieder verschaffen kann.
Wenn sich ein Verkäufer den Rücktritt Vorbehalten hat und die Sache beim
Käufer ohne dessen Schuld untergeht, so wird es der Verkäufer wohl bleiben lassen,
den Rücktritt auszuüben, er müßte ja den Preis zurückzahle» und bekäme nichts
dafür heraus. Anders kann es liegen, wenn den Käufer die Schuld an dem
.Untergange trifft. Dann hat der Verkäufer den Anspruch auf Schadensersatz
(§§ 347, 989) und es kann daher trotz seiner Pflicht zur Erstattung des Preises
für ihn vortheilhaft sein, von dem Rechte Gebrauch zu machen.
In Prozessen, wo der Rücktritt auf Grund kassatorischer Klausel eine Rolle
spielt, tritt nicht selten der Gegner mit dem Einwande hervor, daß er gegen die
nicht erfüllte Verbindlichkeit mit einer Gegenforderung aufrechnen könne. Z. B.
der Vervtiether verlangt auf Grund kassatorischer Klausel Räumung der Mieth-
wohnung, weil der Micther am 1. Oktober mit dem Zinse in Rückstand verblie-
ben sei. Der Miether sagt, er habe im letzten Vierteljahre Verwendungen in die
Wohnung machen müssen, die höher seien als die fällige Zinsrate, und rechne da-
gegen uns. Dringt er mit der Einrede durch oder muß er räumen? Die sächsische
Praxis hat geschwankt. Das Richtige ist wohl, die Aufrechnung zurückzuweisen,
weil der Vermiether mit dem Rücktritte zuvorgekommen ist. Nach dem neuen
Recht, wird die Aufrechnung beachtlich. Sie dringt durch, wenn sie zwar erst nach
der Rücktrittserklärung, aber ohne schuldhaftes Zögern sofort danach erklärt wird
(§ 357). Die vorschnelle Rücktrittserklärung des Gläubigers wird dadurch ihrer
Wirksamkeit wieder entkleidet.
Der Verzicht-aus das Rücktrittsrecht bedarf der Annahme, das gilt auch
vom stillschweigenden Verzicht. Das sächsische Recht enthält über gewisse Fälle
stillschweigenden Verzichts besondere Bestimmungen bei dem Vorbehalt der Rechts-
verwirkung (§§ 1437, 1438). Verlangt bei uns der Berechtigte nach Eintritt
.der Rechtsverwirkung die Erfüllung ganz oder theilweise oder nimmt er sie ganz

Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer