718 Otto, Das Recht der Schuldverhältniffe des Bürgerliche» Gesetzbuchs.
wesender freilich, ein Auswärtiger, der den Rücktritt durch Depesche oder Fern-
sprecher erklärt, kann unmöglich sogleich bei der Erklärung das Reugeld über-
liefern. Deshalb kann, ungeachtet der Zurückweisung des Rücktritts, das Reugeld
ohne Verzug nachträglich eingeschickt und die Wirksamkeit des Rücktrittes hierdurch
gerettet werden.
Beim Vorbehalte der Rechtsverwirkung tritt in Sachsen (§ 1436)
das Rücktrittsrecht nur dann ein, wenn der Schuldner ini Verzug ist. Diese
Anforderung läßt das neue Recht fallen, aber doch nur m dem Sinne, daß der
Gläubiger auch dann, wenn den Schuldner keilt Verschulden trifft, zum Rücktritte
berechtigt sein kann. Die Parteien können aber — auch^ stillschweigend — die
Nothwendigkeit eines Verschuldens auf Seiten des Schuldners für die Zulässigkeit
des Rücktritts allsbedingen. Der Vertragswille ist durch Auslegung zu ermitteln.
Im übrigen hat die Nichterfüllung der Verbindlichkeit nicht die Kraft einer von
selbst 'auflösenden Bedingung, sondern der Gläubiger hat, wie bei uns, die Wahl,
entweder zurückzutreten oder beim Vertrage stehen zu bleiben (§ 360). Behauptet
der Schuldner, schon erfüllt zu haben, so muß er dies (wie jetzt) beweisen (§ 358);
nur wenn die Rechtsverwirkung durch Zuwiderhandluug einer Unterlassungspflicht
begründet wird, hat der Berechtigte die Zuwiderhandlung zu beweisen.
Alle Fälle des Rücktrittes sind nun unter einheitliche Regeln gestellt.
Ausgeübt wird das Recht durch einseitige Erklärung gegenüber dem an-
deren Theile. Die Erklärung ist nnwiderruflich. Ist eine Frist vereinbart, so
muß die Erklärung natürlich fristgemäß abgegebeil werden. .Beim Mangel einer
Fristbestimmung setzt nicht das Gesetz ein für allemal eine feste Frist, sondern es
gewährt dem Gegner das Recht, eine angemessene Frist zu setzen, mit deren Ab-
lauf das Recht zum Rücktritte verloren geht (§ 355). Die ziemlich willkürlichen
gesetzlichen Fristen, die wir beim Kauf mit Vorbehalt der Reue und des besseren
Gebots haben, fallen damit weg. Das Rücktrittsrccht ist untheilbar (§ 356).
Und was wirkt der Rücktritt? Er wirkt einmal Erlöschen des Vertrags
oder des Schuldverhältnisses/ Der I. Entwurf (§ 427 Abs. 1) gab nur eine
Einrede, durch Verzicht auf die Einrede hätte das Schuldverhältniß wieder auf-
leben können. Die II. Kommission (Prot. 93, VI) wollte die Frage der Wissen-
schaft überlassen. Nach dem Gesetz wird endgültiges Erlöschen anzunehmen sein.
Sodann besteht die Wirkung des Rücktritts in der obligatorischen Verpflichtung
beider Theile zur Wiederherstellung des frühereil Zustandes. Es tritt nicht, wie
bei der auflösenden Bedingung, der frühere Zustand unmittelbar wieder ein, der
frühere Eigenthümer einer dem Anderen überlassenen beweglichen Sache wird nicht
von selbst wieder Eigenthümer, sondern beide Theile haben einander rückwärts thun-
lichst in die gleiche Lage zu versetzen, wie wenn der Vertrag nicht geschlossen wäre
(Z 346 S. 1). Beide Theile befinden sich in Folge dessen in ähnlicher Lage wie
der Besitzer einer fremden Sache gegenüber dem Eigenthümer während der Rechts-
hängigkeit des Eigenthumsanspruches, und der Gesetzgeber benutzt dies dazu, wegen