60 Marcus, Die Testamentsvollstreckung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch.
dieser Beziehung § 2226: „Der Testamentsvollstrecker kann sein Amt jeder Zeit
kündigen". Hierin und in der Verweisung auf § 671 Abs. 2, 3 liegt ein Nach-
klang an die falsche Mandatstheorie, weshalb Sturm Seite 89 a. a. O. die Be-
stimmung tadelt. Doch erscheint dieselbe materiell gerechtfertigt, wenn man erwägt,
daß ein Zwang zur Fortführung des Amtes sich meist als unpraktisch erweisen wird.
Im Interesse schleuniger Klarstellung der Nachlaßverhältnisse ist den Be-
theiligten durch Abs. 3 § 2202 die Möglichkeit gewährt, die Annahme oder Ab-
lehnung des Amts durch das Nachlaßgericht feststellen zu lassen. Jeder, der ein
Interesse glaubhaft macht, kann von den Erklärungen Einsicht nehmen, § 2228.
Nach Uebernahme des Amts bedarf eö keiner obrigkeitlichen Bestätigung oder Ver-
pflichtung. Wie nach bisherigem Rechte der Testamentsvollstrecker sich durch die
letztwillige Verfügung legitimirte, war auch im ersten Entwurf davon abgesehen,
ihm eine urkundliche Bescheinigung seiner Ernennung zu ertheilen. Nach den Mo-
tiven (Bd. V S. 222) wurde dies nicht für zulässig erachtet, weil einer solchen
Urkunde nicht der Charakter eines LegitimationspapierS zukomme, auf welche die
Vorschriften über den Schutz gutgläubiger Dritter Anwendung finden könnten.
Die zweite Kommission hat abweichend davon den in § 2368 zum Gesetz er-
hobenen Gedanken, welcher dem Erbschein — §§ 2353 flg. — zu Grunde liegt/)
auch für den Testamentsvollstrecker für anwendbar erachtet. Mit Recht. Das
Zeugniß des Nachlaßgerichts über das Amt des Testamentsvollstreckers hat die
besonderen Anordnungen des Testators bezüglich der Verwaltung seines Nachlasses
und der dem Vollstrecker beigelegten Befugnisse zu enthalten. Jedem gutgläubigen
Dritten gegenüber stellt das Zeugniß eine Legitimationsurkunde dar mit den dem
Erbschein beigelegten Wirkungen, 88 2364, 2366/7. Diese Urkunde hat nicht die
Bedeutung einer öffentlichen im Sinne §§ 380, 382 der Civilprozeßordnung, als
wenn darin die eigene Wahrnehmung oder eine Verfügung des Nachlaßgerichts
zum Ausdruck käme/) Sie begründet nur die gesetzliche Vermuthung für die
Richtigkeit ihres Inhalts.
Mit der Beendigung des Amts wird das Zeugniß kraftlos. Anlangend
dieBeendigungsgriinde so genügt der Hinweis auf das Gesetz: Tod, Kündigung,
Enthebung Seitens des Nachlaßgerichts; Eintritt von Impedimenten, die, wenn
sie ftüher vorhanden gewesen wären, die Ernennung unwirksam gemacht hätten.
Auch Hinfälligkeit des die Berufung enthaltenden Testaments wegen Nichtigkeit
bildet einen EndigungSgrund für die darin angeordnete Exekution, nicht dagegen
der Wegfall der instituirten Erben.
Die natürliche Endschaft liegt in der Durchführung der Aufgaben des
Testamentsvollstreckers. Wird über den Nachlaß Konkurs eröffnet, so ruht so
») Strohal a. a. O. S. 124.
6) Vergl. die treffliche Handausgabe des Bürgerlichen Gesetzbuchs von Trünkner und
Wulsert. Leipzig 1887 ad § 2866.