Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 8 (1898))

58 MarcuS, Die Testamentsvollstreckung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch.
Theorie aufrecht erhält, der Testamentsvollstrecker sei Vertreter des
Nachlasses, wenngleich, wie seine zutreffenden Ausführungen ergeben, er keinerlei
Folgerungen aus diesem Stellvertretungsverhältniß herleitet. Darum ist es aber
richtig, den Stellvertreterbegriff hier zu streichen.
II. Die Berufung des Testamentsvollstreckers, einzelner oder mehrerer er-
folgt in Testamentsform, § 2197; die Ernennung durch Vertrag ist aus-
geschlossen, denn das VertrauenSamt des Testamentsvollstreckers setzt die Wider-
rufsbefugniß des Erblassers bis zu seinem Tode voraus. Da das Bürgerliche
Gesetzbuch Testament jede einseitige Verfügung von Todeswegen nennt, auch wenn
dieselbe eine Erbeinsetzung nicht enthält, §§ 1937 bis 1940, so kann der Erb-
lasser die Testamentsvollstreckung anordnen, obtvohl er es im Uebrigen ganz oder
zum Theil bei der gesetzlichen Erbfolge beläßt. Ja, er ist nach §§ 2198 bis
2200 so frei gestellt, die Bestellung des Testamentsvollstreckers Dritten Privaten
oder dem Nachlaßgericht zu überlassen, während dies hinsichtlich letztwilliger Zu-
wendungen nach § 2065 ihm nicht gestattet ist. Ob hierin nicht zu weit gegangen,
wird man mit Sturm a. a. O. Seite 64 bis 66 füglich bezweifeln können.
In der Auswahl der Personen ist der Erblasser nicht beschränkt, jedoch ist die
Ernennung unwirksam, wenn der Berufene geschäftsunfähig (88 104 slg.) oder in
der Geschäftsfähigkeit beschränkt, oder ihm selbst ein Pfleger nach 8 1010 bestellt
ist, vorausgesetzt, daß diese Hinderungsgründe zu der Zeit vorliegen, wo das Amt
zu übernehmen ist. Werden sie bis dahin gehoben, so ist die Ernennung wirksam.
Abgesehen von der Ungültigkeit der Berufung werden diejenigen Gründe, welche
nach 8 2227 die Entlassung des Testamentsvollstreckers seitens des NachlaßgcrichtS
rechtfertigen, die Nachlaßbetheiligten berechtigen, die Berufung anzufechten und
deren Annullirung zu verlangen. Welche Gründe hierzu geeignet sind, darüber
entscheidet dann das Gericht; ob Konkurseröffnung über das Vermögen des Testa-
mentsvollstreckers einen solchen darstellt, ist schon jetzt bestritten (vergl. Sturm
a. a. O. Seite 89). DaS ist guuestio facti. Jedenfalls werden die Jndignitäts-
gründe dcS 8 2339 auch die Enthebung des Testamentsvollstreckers rechtfertigen.
Zuständig zur Entscheidung ist das Nachlaßgericht; die Gründe, die im Fall des
8 2227 gegen den Klageweg als ausschlaggebend angesehen sind — vergl. Motive
zu 8 1896 des Entwurfs I. Lesung Band V Seite 225 — greifen auch hier
Platz. Stets bedarf es aber des Antrages eines Interessenten, das heißt eines
bei der Ausführung des letzten Willens Betheiligten; das Einschreiten von Amts-
wegen würde ein generelles Kontroll- und Aufsichtsrecht des Nachlaßgerichts vor-
auSsetzen, das im Gesetz nicht statuirt ist. Unter den gedachten Voraussetzungen
wird auch eine zeitweilige Enthebung des Testamentsvollstreckers von seinem Amte
ausgesprochen werden können, z. B. im Falle der Aberkennung der bürgerlichen
Ehrenrechte, 8 34 Nr. 6 des Reichs-Strafgesetzbuchs.
Ueber das Verfahren des Nachlaßgerichts und den Jnstanzenzug wird das
Gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit Bestimmung zu treffen haben. Für den

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