56 Marcus, Die Testamentsvollstreckung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch.
tollen des Entwurfes II. Lesung bezeugt ist?) Der so festgehaltene Standpunkt,
daß der Testamentsvollstrecker nicht als Vertreter der Erben fungirt,
ist, wie später zu zeigen, für die Normen des Bürgerlichen Gesetzbuchs fruchtbar
geworden, deren Kern in der deutschrechtlichen Idee gipfelt, daß der Testaments-
vollstrecker einen Vertrauensposten bekleidet, kraft Berufung durch den Testator,
in Unabhängigkeit vom Erben, und zwar als Amt. Es erstreckt sich dies zunächst
auf das Vermögen des Erblassers, dasselbe als Einheit gedacht, bis zur Abwicke-
lung der von demselben herstammenden und zu ordnenden Rechtsverhältnisse.
Dies Verhältniß ist einmal in der Entscheidung des R.G.'s, Bd.XXVI
5. 380 anläßlich der Frage anerkannt, welches örtliche Recht für die auf die
Testamentsvollstreckung bezüglichen Rechtsverhältnisse maßgebend ist. Die zutreffende
Antwort lautet: Das Recht des letzten Wohnsitzes des Testators, unabhängig
von seinem Wohnort zur Zeit der Testamentserrichtung, wie von dem Orte der
letzteren.
Daß dann in der Entscheidung Band XXVIII Seite 296 der Testa-
mentsvollstrecker nicht für befugt erachtet wird, über Nachlaßgrundstücke vor Ein-
tragung des EigenthumSüberganges auf die Erben zu verfügen, bedeutet keinen
Widerspruch gegen die Plenarentscheidung, beruht vielmehr aufgrundbuchrechtlichen
Erwägungen, wenngleich doch wieder ein Rückfall in überwundene Anschauungen
bemerkbar wird. Denn in den Gründen lautet ein Passus: „Wenn man den
Testamentsvollstrecker auch als Vertreter des Nachlasses bezeichnen will, so ist er
als solcher doch nur Vertreter des Erben, dem der Nachlaß gehört." Das gerade
aber hatte die Plenar-Entscheidung glücklich verneint. Leider ist der Standpunkt
der letzteren wiederum nicht festgehalten in der Entscheidung Band XXXII
Seite 152 flg?») Hier handelte es sich darum, ob der Testamentsvollstrecker bei
Klagen auf Anerkennung der Gültigkeit eines Testamentes activ und bei Klagen
auf dessen Ungültigkeit und auf Herausgabe des Nachlasses passiv legitimirt sei.
Beide Fragen sind dort, gegen das Oberlandesgericht Celle, verneint. Diese Ent-
scheidung dient als Illustration der oft beklagten Thatsache, daß es zwischen den
Senaten des Reichsgerichts an dem die Uebereinstimmung der Sprüche desselben
sichernden Zusammenhang gebricht. Dieses Urtheil, welches überdies, bei sonstiger
Berücksichtigung der Literatur, auffallender Weise die gründlichen Aufsätze von
Hinschius über die einschlägigen Fragen in der Preußischen Anwaltszeitung
1866 Seite 753 flg. ignorirt, verneint allerdings zunächst treffend, daß der
Testamentsvollstrecker als solcher Vertreter oder Mandatar des Erblassers oder
der Erben ist. In wie weit er aber klageberechtigt ist, das soll im Einzel-
falle sich nach dem „Aufträge" des Testaments bestimmen — es wird also wieder
*) Protokolle der Kommission für die II. Lesung Guttentag'sche Ausg. 1898 Bd. V
6. 280 flg.
Sa) Meter diese Entscheidung siehe die feinen Bemerkungen Eck's i» Jhering's Jahr-
büchern Bd. XXXV S. Slö-17. '