Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 8 (1898))

Mittheilungen aus neueren Entscheidungen des Reichsgerichts. 573
Erfordernisses der verbürgten Gegenseitigkeit nicht beigetreten werden.' Dabei
ist davon auszugehen, daß das Vollstreckungsurtheil nach § 661 der C.P.O,
nur erlassen werden kann, wenn die gesetzliche Voraussetzung der ver-
bürgten Gegenseitigkeit zur Zeit des Erlasses des Vollstreckungsuriheils
vorhanden ist. Es kommt deshalb darauf nichts an, daß die Gegenseitigkeit in
Oesterreich bis zum Schluß des Jahres,1897 durch die thatsächliche Uebung der
Gerichte verbürgt war, wie das Reichsgericht wiederholt angenommen hat. Da
das Berufungsurthcil, welches das Vollstreckungsurtheil enthält, am 4. Januar 1898
ergangen ist, war zu prüfen, ob nach der am 1. Januar 1898 in Kraft getretenen
Oesterreichischcn Exekutionsordnung vom 27. Mai 1896 (Reichsgesctzblatt S. 269)
die Gegenseitigkeit verbürgt ist. Der Berufungsrichter hat dieselbe nicht außer
Acht gelassen, aber doch auf Grund derselben keine solche Feststellung getroffen,
die nach § 511 der C.P.O. für den Revisionsrichter bindend wäre.
Der § 79 der Exekutionsordnung läßt die Exekution ans Urtheilen aus-
wärtiger Gerichte nur zu, wenn die Gegenseitigkeit durch Staatsverträge
oder durch darüber erlassene, im Reichsgesetzblatt kundgegebenc
Regierungserklärungen verbürgt ist. Außerdem fordert der § 8 der Exeku-
tionsordnung neben der Zuständigkeit des auswärtigen Gerichts und der Rechts-
kraft des Urtheils unter 2, daß die Ladung, durch die das Verfahren vor dem
auswärtigen Gericht eingeleitet worden, der Person, gegen die in Oesterreich aus
dem auswärtigen Urtheil die Exekution geführt werden soll, entweder in dem aus-
wärtigen Gebiet, oder mittels Gewährung der Rechtshülfe in einem andern
Staatsgebiet, oder im Jnlande zu eigenen Händen zugestellt worden ist.
Ladung durch Ersatzzustellung ist, abweichend von § 661 der C.P.O., Ziff. 4,
nicht zugelassen.
Danach kann seit dem 1. Januar 1898 das Urtheil eines deutschen Gerichts
^ in Oesterreich nur dann vollstreckt werden, wenn dem Exequcnden die Ladung in
Person zugestellt ist. Die nothwendige Folge ist, daß seit dem 1. Januar 1898
auch ein in Oesterreich gegen einen Deutschen ergangenes Urtheil im Deutschen
Reich nur vollstreckt, das Vollstreckungsurtheil für ein solches Urtheil nur dann
erlassen werden darf, wenn die Ladung dem beklagten Deutschen in Person zu-
gestellt ist. Die Urtheile der Oesterreichischen Gerichte, für welche der Kläger das
Vollstreckungsurtheil verlangt, sind aber, aus Klagen ergangen, die dem Beklagten,
wie festgestcllt, nicht in Person zugestellt sind. Für diese Urtheile kann deshalb
nach dem Grundsätze der Gegenseitigkeit die Vollstreckung in Deutschland nicht
gefordert werden,
Daran wird dadurch nichts geändert, daß durch Verordnung des Oester-
reichischen Justizministers vom 10. Dezember 1897 im Reichsgesetzblatt für die
im Reichsrath vertretenen Königreiche und Länder (1897 S. 1477) bekannt ge-
geben ist, die Gegenseitigkeit sei für die im 8 1 der Exekutionsordnung Ziff. 1,
2, 3, 7, 11 angeführten Exekutionstitel auch als verbürgt anzusehen, wenn es

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