Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 8 (1898))

494 Mittheilungen aus neueren Entscheidungen des Reichsgerichts.
zahle», falls die Neparaturkosten mehr als drei Viertel vvn dcni Werth des
Schiffes betragen. Diese Bestimmung kann selbstverständlich nur dann zur Gel-
tung gelangen, wenn das streitige Rechtsverhältniß überhaupt den Normen des
Niederländischen Rechts untersteht. Das hat das Berufungsgericht aber in der
That mit Grund angenommen. Denn, obwohl beide deutscher Nationalität, haben
die Parteien den Versicherungsvertrag zu Rotterdam in holländischer Sprache und
unter Benutzung eines holländischen Polizensormulars abgeschlossen und dabei die
Rotterdamer Versicherüngsbedingungen für anwendbar, einzelne Sätze des Nieder-
ländischen Handelsgesetzbuchs aber für unanwendbar erklärt. Daraus ergiebt sich
Uiit Sicherheit, daß sie ihre rechtlichen Beziehungen nach holländischem und nicht
nach deutschem Rechte geregelt wissen wollten. Und einer derartigen Parteidispo-
sition wird die Anerkennung seitens der Rechtsordnung nicht versagt. (Entsch.
des Reichsgerichts Bd. 38 Nr. 1.) Urth. v. 13. April 1898. I. 478/97.
2. Schiedsvertrag. C.P.O. § 863.
Zutreffend hat das Berufungsgericht zunächst erwogen, daß die Frage,
ob der geschlossene Schiedsvertrag sich auf den unter den Parteien obschwebcnden
Streit bezieht, und wie der Schiedsvertrag nach dieser Richtung auszulegen ist,
von dem ordentlichen Gerichte zu entscheiden ist, ungeachtet der im 8 863 der
C.P.O. dem Schiedsgericht eingeräumtcn Befugniß, den Schiedsspruch zu erlassen,
auch wenn geltend gemacht ist, daß der Schiedsvertrag sich auf den zu entschei-
denden Streit nicht beziehe. Da das Schiedsgericht zu einer Entscheidung nur
berufen ist, wenn der fragliche Streit durch den Schiedsvertrag seinem Spruche
unterworfen ist, so kann nicht das Schiedsgericht selbst, sondern nur das ordent-
liche Gericht darüber endgültig entscheiden, ob dieser Fall vorliegt. Die im § 863
der C.P.O. dem Schiedsgericht ertheilte Ermächtigung schließt die Entscheidung
des ordentlichen Gerichts über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts nicht aus,
vielmehr ergeht in solchem Falle der Schiedsspruch stets unter dem Vorbehalt der
Entscheidung des ordentlichen Gerichts über den bezüglich der Zuständigkeit des
Schiedsgerichts schwebenden Streit. Urth. v. 1. Dezember 1897. I 263/97.
3. Kaufvertrag oder Agenturverhältniß.
Der Berufungsrichter faßt den zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag,
imb zwar vornehmlich mit Rücksicht auf die durch denselben geschaffene abhängige
Stellung der Klägerin, als Begründung einer Agentur im eigentlichen Sinne auf,
kraft deren die Klägerin den Vertrieb der Fabrikate der Beklagten für deren Rech-
nung zu besorgen hatte. In der Bestimmung unter Ziffer 3 der Geschäftsbe-
dingungen, daß Klägerin im Verlauf je eines Jahres eine bestimmte Anzahl von
Armblättern von der Beklagten zu kaufen verpflichtet ist, erblickt der Berufungs-
richter dem Resultate nach nur eine, mit der Annahme eines Agenturverhältnisses
verträgliche Garantie eines entsprechenden Minimalabsatzes. Die Vereinbarung

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