Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 8 (1898))

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Schiedsoertrag, Rechtskraft, Arglist.

Auffassung des Urtheils im Vorprozesse wird ein praktisch befriedigendes Ergebniß
erreicht. Wenn trotz jenes Urtheils die Einrede der Beklagten in dem jetzigen
Prozesse zugelassen würde und durchdränge, so wäre damit festgestellt, daß die Ver-
folgung des klägerischen Anspruchs im schiedsgerichtlichen Verfahren unzulässig war
und ist. Da aber andererseits einer nochmaligen Klage vor dem ordentlichen Ge-
richt offenbar die Einrede der rechtskräftig entschiedenen Sache entgegenstehen würde,
so wäre der Kläger rechtlos gestellt.
Allerdings vermag sowohl die Replik der Arglist, wie die Replik der rechts-
kräftig entschiedenen Sache die Einrede der Beklagten nur dann zu beseitigen, wenn
derselbe Rechtsstreit, über den der Schiedsspruch ergangen ist, auch im Vorpro-
zesse anhängig war, so daß die dort von der Beklagten erhobene Einrede und das
dort ergangene Urtheil sich auf diesen selben Streit (sowohl nach der persönlichen,
wie nach der sachlichen und rechtlichen Seite) bezogen. Daß dies der Fall sei, hat
das Berufungsgericht nach eingehender Prüfung der dagegen vorgebrachten Ein-
wendungen der.Beklagten angenommen. Die hierauf bezüglichen Erwägungen des
Berufungsgerichts, gegen welche Revisionsangriffe nicht erhoben sind, geben zu
Bedenken keine Veranlassung u. s. w.
Soweit die Beklagte die Unzulässigkeit des schiedsgerichtlichen Verfahrens
daraus herleiten will, daß das Schiedsgericht, obgleich es bei Beginn der Ver-
handltingen beschlossen und verkündet habe, es solle nach der Civilprozeßordnuitg
verfahren werden, später eine Reihe erheblicher Verstöße gegen die Civilprozeß-
ordnuug begangen habe, so hat das Berufungsgericht diesen Einwand damit be-
seitigen zu können geglaubt, daß der verkündete Beschluß seine Geltung verloren
habe, nachdem durch Zuziehung des Obmanns das Schiedsgericht neu besetzt wor-
den sei, und in dieser neuen Besetzung den früheren Beschluß nicht erneuert habe.
Die Revisionsklägerin sucht hiergegen auszuführen, daß das Schiedsgericht an das-
jenige Verfahren, welches von ihm selbst bestimmt worden, solange gebunden ge-
wesen sei, als es nicht beschlossen und verkündet habe, ein anderes Verfahren zu
wählen. Diese Rüge kann jedoch keinen Erfolg haben.
Ob die entscheidende Erwägung des Berufungsgerichts als richtig anzuer-
kennen ist, kann dahingestellt bleiben, weil, auch wenn sie gemißbilligt werden
müßte, die behaupteten Verstöße des Schiedsgerichts gegen die Civilprozeßordnung
eine Unzulässigkeit des Verfahrens nicht zu begründen vermögen. In der Recht-
sprechung des Reichsgerichts ist wiederholt anerkannt worden, daß Verstöße gegen
wesentliche Bestimmungen des Verfahrens oder Grundlagen desselben, welche die
Parteien ausdrücklich für das Schiedsgericht vereinbart haben, die Anfechtung
des Schiedsspruchs wegen Unzulässigkeit des demselben zu Grunde liegenden Ver-
fahrens begründen können.
, Vergl. Entsch. des Reichsgerichts Bd. 24 S. 397, und Bolze, Praxis,
Bd. 13 Nr. 744.
Haben die Parteien das Verfahren des vereinbarten Schiedsgerichts mit ge-

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