Schiedsvertrag, Rechtskraft, Arglist.
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gerichtlichen Verfahrens aus dem oben erwähnten Grunde einwendet. Dieses Ver-
halten der Beklagten verletzt die Rücksicht auf Treue und Glauben im Rechtsver-
kehr, welche der Kläger nach dem Auftreten der Beklagten im Vorprozeß und im
schiedsgerichtlichen Verfahren von der Beklagten fordern darf. Die Beklagte hat
deshalb den Anspruch verwirkt/ mit ihrer Einrede gehört zu werden, so daß es
auf eine sachliche Prüfung derselben nicht weiter ankommt.
Es ist aber auch dem Berufungsgericht darin beizutreten, daß der Einrede
der Beklagten die Replik der rechtskräftig entschiedenen Sache entgegensteht. Hätte
cs sich in dem Vorprozesse um die Entscheidung gehandelt, ob für den anhängigen
Rechtsstreit ein bestiinmter Gerichtsstand (z. B. der Gerichtsstand des Vertrages
oder des Vermögens aus § 29 oder § 24 der C.P.O.) bei dem erkennenden Ge-
richt begründet sei, so würde man vielleicht sagen können, daß durch das ergangene
Urtheil nur Rechtskraft für das Nichtbestehen des behaupteten Gerichtsstandes be-
gründet sei, nicht aber für die zu Grunde liegende Entscheidung über die streitige
Rechtsbeziehung, aus der das Bestehen des Gerichtsstandes hergeleitet wurde (z. B.
der Erfüllungsort einer Vertragsverpflichtung oder das Eigenthum des Beklagten
an einer Sache). So lag die Sache aber im vorliegenden Falle nicht. Um die
Zuständigkeit des Landgerichts I in Berlin haben die Parteien nicht gestritten.
Die Beklagte hatte nur den Einwand erhoben, daß die Entscheidung des Streits
durch das an sich zuständige Gericht durch einen Akt der Privatwillkür, nämlich
durch einen Schiedsvertrag, ausgeschlossen sei. Der Streit der Parteien im Vor-
prozeß drehte sich also nur darum, ob ein solcher Vertrag, der den Streit der
Entscheidung des ordentlichen Richters entziehe, mit Bezug auf den von den Klä-
gern erhobenen Anspruch unter ihnen bestehe. War dies aber der unmittelbare
Gegenstand des Streites im Vorprozeß, so ist es auch gerechtfertigt, die darüber
getroffene Entscheidung als der Rechtskraft fähig anzusehen, und zwar in dem
Sinne, daß durch dieselbe festgestellt worden sei, der im Vorprozeß anhängig ge-
machte Anspruch könne nicht vor dem ordentlichen Richter, sondern nur vor dem
statutarisch angeordneten Schiedsgericht verfolgt werden. In gleicher Weise, wie
nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts die Abweisung der negativen Feststel-
lungsklage aus dem Grunde, daß das streitige Rechtsverhällniß bestehe, eine ent-
sprechende, der Rechtskraft fähige positive Entscheidung enthält,
vergl. Enlsch. des Reichsgerichts Bd. 29 S. 345; Beiträge von Rassow-
Küntzel Bd. 40 S. 419; Bolze, Praxis des Reichsgerichts, Bd. 22
Nr. 740,
so ist auch im vorliegenden Falle in der Abweisung der Klage des Vorprozesses
wegen der für durchgreifend erachteten Einrede des unter den Parteien bestehenden
Schiedsvertrages die positive Entscheidung zu finden, daß der anhängig gemachte
Rechtsstreit dem SchiedSvertrage unterworfen sei. Diese Entscheidung ist kein bloßer
Grund für die Abweisung der Klage, sie stellt vielmehr den wahren Inhalt des
ergangenen Ürtheils dar, der in Rechtskraft iibergegangen ist. Nur durch diese