Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 8 (1898))

Mitteilungen aus neueren Entscheidungen des Reichsgerichts. 377
dem Ergebniß der richterlichen Augenscheinseinnahme. Mit der Revision wird
vornehmlich geltend gemacht, daß in dieser eine Grundlage für die in Rede stehende
Annahme nicht gefunden werden könne, da in dem betreffenden Protokoll zugleich
gesagt werde, daß auf die untersten Treppenstufen von der Kegelbahn aus so gut
wie gar kein Licht falle, sodaß eine mit der Oertlichkeit nicht genau vertraute Per-
son selbst bei Heller Tagesbeleuchtung die Treppe wohl übersehen und Hinunter-
stürzen könne. Die Revisionsrüge erscheint hinfällig. Der Berufungsrichter durfte,
ausgehend von der richtigen, oben dargelegten Auffassung der anzuwendenden Ge-
setzesvorschrift, aus dem der Augenscheinseinnahme zu entnehmenden Umstand, daß
die obersten Treppenstufen erkennbar waren, folgern, daß ein mit gehöriger Acht-
samkeit vorgehender Mensch das Vorhandensein der Treppe wahrgenommen und
das Hinunterstürzen vermieden haben würde, mithin dem Beklagten ein Verstoß
gegen die fragliche Strafbestimmung nicht zur Last falle, und er daher auch von
civilrechtlicher Verantwortlichkeit frei sei. U. v. 4. April 1898. VI. 441/97.
3. Bei der Anfechtungsklage eines Gläubigers nach §2 des An-
fechtungsgesetzes vom 21. 7. 1879 darf auch ein erst nach der Klager-,
Hebung erlangter vollstreckbarer Schuldtitel berücksichtigt werden.
Entscheidung der vereinigten Civilsenate v. 27. April 1898 in der Sache
II. 150/97.
4. Eideszuschiebung. Ungenügende Spezialisirung. Der Be-
klagte glaubt dadurch beschwert zu sein, daß das Berufungsgericht seiner Eides-
zuschiebung die Beachtung versagt hat. Hierin kann ihm aber nicht beigetreten
werden. Wenn er die Behauptung, daß seine Kontrahentin trotz ihrer gegen-
theiligen Erklärung anderen Rückversicherern günstigere Bedingungen als ihm ge-
währt habe, generell unter Eid stellte, ohne zu deren , Begründung konkrete That-
umstände in der einen oder anderen Beziehung anführen zu können, so durste der
Klägerin allerdings die Ableistung des Eides nicht angesonnen werden. Seine
Zuschiebung beruht lediglich auf Vermuthungen, die ohne thatsächliche Unterlage
in der Luft stehen. Daß die Klägerin sich eidlich von dem allgemeinen Verdachte
reinige, den er gegen sie hegte, ist aber ein Verlangen, das im positiven Recht
keinen Stützpunkt findet. Es war deshalb zutreffend, wenn das Berufungsgericht
den Antrag des Beklagten als unzulässig verwarf. U. v. 19. März 1898.
1.414/97.
5. Ablehnung von Sachverständigen. Der Kläger socht die vom Amts-
gericht Dresden wegen Geisteskrankheit über ihn verhängte Entmündigung nach 8 605
der C.P.O. an. Im Berufungsverfahren ordnete das Oberlandesgericht an, daß zwei
Aerzte, die beim Amtsgerichte Gutachten über den Geisteszustand des Klägers ab-
gegeben hatten, als Sachverständige vernommen werden, insbesondere sich darüber
aussprechen sollten, ob sie ihre früheren Gutachten gegenüber dem Ergebnisse gewiffer
im Prozesse geschehener Beweisaufnahmen ausrecht erhielten. Der Kläger lehnte die
Sachverständigen wegen ihrer Mitwirkung in dem anttsgerichtlichen Verfahren ab, das

Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer