Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 8 (1898))

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Börner, Der Allgemeine Theil des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
wird die Verthcidigung gegen gefahrdrohende fremde Sachen für nicht widerrechtlich
erklärt. Das sächs. Gesetzbuch (§ 182) läßt die Verthcidigung gegen fremde Thiere
zu, soweit nicht besondere Berechtigungen entgegenstehen. Die Einschränkung ist
selbstverständlich. Auch unter der Herrschaft des neuen Rechtes kann der Bauer
den in seinem Kraute schwelgenden Hasen nicht wegschießen. Die Verthcidigung
gegen fremde Sachen ist nur zulässig, soweit die Zerstörung oder Beschädi-
gung der Sache nicht außer Verhällniß zu der von ihr drohenden Gefahr steht.
Hat ferner der Gefährdete die Gefahr selbst verschuldet, hat er den Hund, der
ihn anfällt, vorher gereizt, so darf er sich zwar auch noch wehren; er muß aber
den dabei entstehenden Schaden ersetzen (§ 228), Eine Noth stand sh andlung,
ein Uebergriff in eine neutrale fremde Rechtssphäre, um sich aus einer Nothlage
zu retten, befreit nie von der Schadensersatzpflicht. Man darf nicht das Schicksal
in der Weise korrigiren, daß man den Schaden von sich auf einen unbetheiligten
Anderen wälzt. Unter Umständen muß aber der Andere den Uebergriff sich in
dem Sinne gefallen lassen, daß er Nothwehr nicht üben darf. Dies dann, wenn
der ihm aus dem Uebergriff erwachsende Schaden gegenüber dem .Schaden, der
dem Gefährdeten droht, unverhältnißmäßig gering ist (§ 904). Die Vorschrift
ist innerlich begründet. Für den Anderen dürfte es freilich vielfach schwer sein,
sofort zu beurtheilen, ob der Uebergreisende sich in einer Nothstandslage befindet
und ob er nach Lage der Sache den Uebergriff hinnehmen muß.
Die Vorschriften über die Selbsthülfe sind insofern mehr durchgebildet,
als klargestellt ist, daß derjenige, der zulässigerweise Selbsthülfe übt, nur vor-
läufiger Vollstrecker in eigener Sache ist; er muß alsbald das Weitere dem Ge-
richt anheimstellen (8 230). Wer Selbsthülfe übt, handelt auf eigene Gefahr.
Irrt er sich über das Vorhandensein der Voraussetzungen, so schützt ihn das Gesetz
selbst dann nicht, wenn der Jrrthum entschuldbar ist (§ 231). Die Selbsthülfe
ist ein heißes Eisen, an dem man sich leicht verbrennt.
Vom dem materiellen Prozeßrechte finden Sie nur wenig im Gesetz-
buche. Die Vorschriften über die Rechtskraft sind der Novelle zur Civilprozeß-
ordnung Vorbehalten. Allgemeine Beweisregeln werden, abweichend von dem
ersten Entwürfe, nicht aufgestellt. Sie zu entwickeln, ist der Jurisprudenz über-
lassen. Im Ganzen und Großen ist das Gesetzbuch so redigirt, daß die Fassung
der Vorschriften die Vertheilung der Beweislast möglichst an die Hand giebt. Ins-
besondere sollen die Wendungen „sofern nicht", „wenn nicht", „es sei denn, daß"
zu erkennen geben, daß der Inhalt der von ihnen abhängigen Sätze nicht zu dem
die Klage begründenden Thatbestande gehören und demgemäß von dem Kläger
nicht zu beweisen sind. Hie und da finden sich Beweisvorschriften für einzelne
Fälle (88 282, 345, 358, 363, 442, 542 Abs. 3, 8 636 Abs. 2, 8 2336 Abs. 3,
8 2338 Abs. 2).
Soviel endlich die Vorschriften des siebenten Abschnitts über die Sicher-
heitsleistung anlangt, so treten zu den bisherigen Sicherungsmitteln (sächs. G.B.

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